Ein Zeichen gegen die Diskriminierung von Homosexuellen, Bisexuellen, Trans- und Intersexmenschen (LGBTI): Die Rechtskommission des Nationalrats möchte die Rassismusstrafnorm um die Begriffe der sexuellen Orientierung und der sexuellen Identität erweitern.
Die Rechtskommission des Nationalrats hat die Vernehmlassung zu einer entsprechenden Gesetzesanpassung eröffnet, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilten. Gemäss dem Vorentwurf sollen Hasskriminalität und Diskriminierungen gegenüber LGBTI-Menschen unter Strafe gestellt werden.
Im Strafgesetzbuch finden sich schon heute Straftatbestände, die bei Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung relevant sein können. Diese schützen allerdings nur die Ehre einer einzelnen Person beziehungsweise einer bestimmten, konkreten Personengruppe.
Weitergehende Forderungen
Mit der Revision soll eine strafrechtliche Verfolgung auch für allgemein gehaltene, diskriminierende Äusserungen gegen LGBTI-Personen möglich werden. Dazu soll die Rassismusstrafnorm mit dem Kriterium der «sexuellen Orientierung» und dem Kriterium der «Geschlechtsidentität» ergänzt werden.
Der Vorentwurf geht somit weiter als die von den Räten angenommene parlamentarische Initiative von Mathias Reynard (SP/VS), welche lediglich die Aufnahme der «sexuellen Orientierung» verlangt. Die Kommission sei der Ansicht, dass Trans- und Intersexmenschen oft mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hätten, heisst es in der Mitteilung. Die Vernehmlassung dauert bis zum 9. Oktober.
Gesetzeslücken festgestellt
Das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) hat in der Vergangenheit wiederholt auf bestehende Mängel beim Schutz von LGBTI-Menschen hingewiesen. Die Organisation empfiehlt unter anderem die Schaffung von staatlichen oder staatlich unterstützten Fach- und Beratungsstellen.
Die geringe Zahl an Gerichtsfällen weise auf die fehlende Kenntnis bei Betroffenen über den privatrechtlichen Diskriminierungsschutz und mangelnde Sensibilisierung aller Beteiligten hin, stellte das SKMR fest.
Bundesrat zurückhaltend
Auch der Bundesrat sieht Handlungsbedarf, vor allem im Privatrecht. Eine explizite Diskriminierungsnorm lehnte er bisher ab. Die Regierung erwägt aber, bei Diskriminierungsfällen die Verfahrenskosten zu reduzieren oder ganz darauf zu verzichten.
Die Schaffung neuer Behördenstellen hält der Bundesrat angesichts der finanziellen Lage des Bundes für «nicht opportun», wie er schreibt. Ebenfalls nicht weiter verfolgen will der Bundesrat die Empfehlung, den Schutz vor diskriminierender Kündigung im Arbeitsrecht zu stärken.
Vor gut einer Woche erhielt die Regierung vom Parlament den Auftrag, in einem Bericht zu prüfen, wie Daten über Diskriminierungen im Bereich LGBTI und über Mehrfachdiskriminierungen gesammelt werden können. Der Bundesrat zeigte sich bereit, diese Lücke zu schliessen. Nur die SVP und einzelne CVP-Politiker stellten sich gegen den Vorstoss.