Tempo 30 soll in Basel deutlich ausgebaut werden. Der Grosse Rat hat am Mittwoch einen Kommissionsvorschlag beschlosssen, der teils über die Regierungsvorlage hinausgeht. Die Bürgerlichen unterlagen am Ende SP, Grünem Bündnis, glp und EVP mit 48 gegen 43 Stimmen.
Das Prinzip, Tempo 30 auszudehnen, wurde nur von der SVP bestritten. Sie sieht gar kein Bedürfnis dafür, sondern fürchtet wirtschaftliche Nachteile. Langsamfahr-Zwang mache zudem alle aggressiver, und mehr Tempo 30 sei wohl bloss eine Einnahmequelle. Ihr Nichteintretensantrag scheiterte mit 28 gegen 61 Stimmen klar.
Eine Mehrheit der Umwelt-, Verkehrs- und Energiekommission (UVEK) beantragte erstens, die Regierung müsse prüfen, zusätzliche Strassen mit Tempo 30 zu belegen, sowie zweitens der Regierung vier Leitsätze aufzutragen. Letztere betreffen Umsetzungsvorgaben für Hauptsammelstrassen, bei Velorouten oder eine ÖV-Priorität.
Bürgerliche warnen vor kontraproduktivem Übertreiben
Der UVEK-Minderheit – in der Kommission stand es sechs zu vier und die SVP abseits – reichte die Regierungsfassung. Sie warnte vor flächendeckendem Tempo 30, weil dann die Kanalisierung des Verkehrs in den grösseren Strassen nicht mehr funktioniere und Wohngebieten so mehr Schleichverkehr drohe. Das wäre kontraproduktiv.
Die UVEK-Minderheit hielt die Mehrheitsforderung nach Priorität für Öffentlichen Verkehr in Tempo-30-Gebieten für inkompatibel mit dem Bundesrecht: Dort gelte eindeutig nur der Rechtsvortritt. Zudem würde der ÖV ausgebremst; wegen Tempo 30 nötige Zusatzkurse brächten Mehrkosten. Kosten der Umsetzung würden zu optimistisch dargestellt.
Die UVEK-Mehrheit verwies zu umstrittenen Strassenabschnitte auf Petitionen mit vielen Unterschriften und auf Parlamentsaufträge. Das Bedürfnis sei dort klar.
Autoverbände drohen mit Widerstand vor Gericht
In der Debatte bezweifelte die FDP Luftschadstoff-Senkungen durch Tempo 30; auch der Lärm sinke nur im kaum hörbarem Ausmass. Autoverbände würden einige neue 30er-Abschnitte einzeln vor Gericht bekämpfen, drohte ein Freisinniger.
Glp und Grünes Bündnis betonten die Verbesserungen bei Sicherheit und Wohnqualität mit Tempo 30. Die glp erinnerte daran, dass nicht Durchfahrende, sondern Wohnende in Basel Steuern zahlten. Zudem würde bei mehr Tempo 30 weniger Auto gefahren und stattdessen mehr geradelt und gegangen, was den restlichen Autos mehr Platz gebe.
Die SP machte sich für den UVEK-Mehrheitsvorschlag stark mit dem Argument, die darin genannten zusätzlichen Tempo 30-Strecken brächten bessere Gleichbehandlung in verschiedenen Quartieren für Anwohner und Gewerbetreibende. Das Tram werde weniger von Tempo 30 aufgehalten als von parkierenden und falsch parkierten Autos.
FDP-Hoffnung auf neue Mehrheiten
Vor der Schlussabstimmung beantragten FDP, LDP, CVP und SVP noch, den entscheidenden Abschnitt aus der UVEK-Mehrheitsfassung zu streichen. Dies lehnte der Grosse Rat mit 48 gegen 42 Stimmen ab – fast mit demselben Resultat beschloss er am Ende die Mehrheitsfassung.
Das Geschäft wurde übrigens erst beraten, nachdem ein FDP-Antrag auf Absetzung der Vorlage mit 47 gegen 41 Stimmen abgelehnt worden war. Die FDP wollte vor einer Debatte noch rechtliche, finanzielle und ÖV-Fragen vertiefter abklären lassen. Die SP geisselte das als „Filibusterei“; die FDP wolle nur erst in der neuen Leigislatur mit neuen Mehrheiten entscheiden.