Ungeachtet anonymer Anschlagsdrohungen wollen mehrere unabhängige US-Kinos die Politsatire «The Interview» wie geplant am ersten Weihnachtsfeiertag zeigen. Das Filmunternehmen Sony genehmigte einen begrenzten Start des Films. Präsident Barack Obama lobte die Entscheidung.
Als erste kündigten zwei Kinos in den Bundesstaaten Texas und Georgia am Dienstag in sozialen Online-Netzwerken an, den Streifen ungeachtet der Terrordrohungen ins Programm zu nehmen. «Sieg!» twitterte der Chef eines Kinos in Austin, Texas.
Laut CNN soll der Film am Donnerstag in mindestens fünf Bundesstaaten gezeigt werden, nebst Texas und Georgia auch in Ohio, Virginia und South Carolina.
Eine Attacke anonymer Hacker und mysteriöse Anschlagsdrohungen gegen US-Kinos hatten Sony in der vergangenen Woche bewogen, den für Donnerstag geplanten Filmstart von «The Interview» vorerst abzusagen. Nach Erkenntnissen des FBI steht die Staatsführung Nordkoreas hinter dem Angriff. In dem Film geht es um ein fiktives Mordkomplott gegen den Diktator Kim Jong Un.
Am Dienstag kündigte Firmenchef Michael Lynton überraschend an, «The Interview» mit James Franco und Seth Rogen solle nun doch am ersten Weihnachtstag in einer begrenzten Zahl von US-Kinos gezeigt werden. «Wir haben die Idee nie aufgegeben, ‚The Interview‘ herauszubringen und sind glücklich, dass unser Film an Weihnachten in einige Kinos kommt», erklärte Lynton.
Er wolle weitere Kinos für eine Ausstrahlung gewinnen, um das grösstmögliche Publikum zu erreichen, sagte er weiter.
Recht auf künstlerische Äusserung
Die Ankündigung wurde von US-Präsident Barack Obama umgehend begrüsst. «Wie der Präsident bereits deutlich gemacht hat, sind wir ein Land, das an die Freiheit der Rede und das Recht auf künstlerische Äusserung glaubt», erklärte ein Sprecher des Präsidialamts in Washington. Die Amerikaner könnten nun selbst entscheiden, ob sie den Film sehen wollen oder nicht.
Am Montag hatte ein Zusammenschluss von rund 250 US-Kinos Sony in einer Online-Petition aufgefordert, ihnen zu erlauben, den Film zu zeigen.
Erinnerung an 9/11
Im Zentrum der Affäre steht eine Gruppe mit dem Namen Guardians of Peace (GOP), die Ende November einen Cyberangriff auf Sony gestartet und interne Dokumente und E-Mails veröffentlicht hatte.
Vor einigen Tagen sprach die Gruppe wegen der Parodie «The Interview» ominöse Drohungen aus und erinnerte an die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA.
Daraufhin sagten grosse Kinoketten wegen Sicherheitsbedenken die Vorführungen ab, und Sony Pictures schloss eine eingeschränkte Veröffentlichung aus. Obama kritisierte das Vorgehen und warf dem Studio vor, sich der Einschüchterung zu beugen.
Internet-Blackout in Nordkorea
Am Montag war in Nordkorea stundenlang das Internet ausgefallen, am Dienstag war das Land laut Internet-Sicherheitsexperten erneut gut eine Stunde lang vom weltweiten Datennetz abgeschnitten. Der Vorfall löste Spekulationen aus, es könne sich um eine US-Cyberattacke handeln.
Die einfachen Bürger Nordkoreas werden von dem Netz-Blackout vermutlich nicht viel mitbekommen haben. Der Grossteil der Bevölkerung hat keinen Internetzugang.