Die vom Bundesrat vorgeschlagene Radio- und Fernsehabgabe für alle – auch für Nichtbesitzer von herkömmlichen Empfangsgeräten – hat sowohl Befürworter als auch vehemente Gegner. Dies zeigt die Vernehmlassung zur Teilrevision des Radio- und TV-Gesetzes.
Grund für den geplanten Systemwechsel ist, dass neue Geräte wie Smartphones, Computer und Tablets via Internet Radio- und TV-Sender empfangen können. Der Bundesrat geht davon aus, dass in praktisch allen Schweizer Haushalten solche Geräte benutzt werden.
Heute beträgt die Empfangsgebühr für Haushalte rund 462 Franken pro Jahr. Künftig würde sich der jährliche Betrag auf rund 400 Franken verringern. Familienunternehmen und Betriebe mit einem Jahresumsatz von weniger als 500’000 Franken sollen von der Abgabe befreit werden. Gleiches gilt für Personen, die staatliche Ergänzungsleistungen erhalten.
Gegen neue Mediensteuer
Die Aktion Medienfreiheit spricht von einer missglückten Revision. Für die flächendeckende Einführung einer „Mediensteuer“ fehle die verfassungsmässige Grundlage, hiess es an einer Medienkonferenz am Montag in Bern. Auch dürfe der Online-Bereich der SRG nicht dem Service public zugerechnet und mit Gebühren quersubventioniert werden.
Für die SVP ist die geräteunabhängige Abgabe „nichts anderes als eine neue Mediensteuer“. Sie habe zum Ziel, die Gebührensumme für die staatlichen Sender zu sichern. Sollte die Abgabe eingeführt werden, so müssten Haushalte, die darlegen könnten, dass sie weder Radio- noch TV-Programme konsumierten, davon befreit werden.
Ebenfalls nicht einverstanden mit der neuen Abgabe ist die Stiftung für Konsumentenschutz. Sie findet die geplante Regelung ungerecht und schlägt vor, dass zumindest die TV-Gebühren, die deutlich höher sind als die Radiogebühren, weiterhin nicht obligatorisch sind: Wer keinen Fernseher besitze, solle auch nicht bezahlen müssen.
Auch der Wirtschaftsdachverband economiesuisse fordert, es brauche weiterhin die Möglichkeit, sich „bei bewusstem Nicht-Konsum des medialen Service public“ von der Abgabe befreien zu können. Die Abgabe mache vor dem Hintergrund der technologischen Veränderungen aber grundsätzlich Sinn. Sie sei effizienter und kostengünstiger.
Diskriminierung der KMU
Der Schweizerische Gewerbeverband (sgv) ist vehement gegen die neue Abgabe. Die Schwelle von einer halben Million Franken Jahresumsatz für die Gebührenpflicht sei willkürlich und nicht nachvollziehbar. Damit würden geschätzte 140’000 Betriebe gebührenpflichtig. Der sgv lehne diese „krasse Diskriminierung der KMU“ scharf ab.
Auch die FDP ist gegen die Abgabe, weil eine – zwar schrumpfende – Minderheit keine elektronischen Medien konsumiere. Es gebe zwei Optionen: Man erhebe eine Abgabe auf den konkreten Gebrauch, was jedoch eine grosse Bürokratie bedinge, oder man finanziere diesen Service public mit ordentlichen Steuergeldern. Dabei müsse die SRG gegenüber heute weniger erhalten.
Demgegenüber plädiert die CVP für eine weiterhin starke SRG, flankiert von starken privaten Lokalsendern. Die neue Abgabe unterstützt sie. Das heutige System der Empfangsgebühren sei ungenügend und überholt. Dass via Internet Radio und TV kostenlos konsumiert würden, schaffe eine rechtliche Ungleichheit.
Soziale Abstufung verlangt
Auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund ist einverstanden mit der neuen Abgabe. Störend sei aber, dass diese für alle Haushalte gleich hoch sein solle. Die Abgabe nähere sich einer Steuer an. Steuern aber sollten nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit gestaltet sein. Vorzusehen sei deshalb eine soziale Abstufung der Gebühren, vorzugsweise nach steuerbarem Einkommen.
Die SP begrüsst eine geräteunabhängige Abgabe. Diese diene dazu, den verfassungsmässigen Service public der SRG und der privaten lokal-regionalen Radio- und Fernsehveranstalter auch unter veränderten technologischen Voraussetzungen langfristig zu sichern, schreibt die Partei in ihrer Vernehmlassungsantwort.
Von der SRG kommt keine Stellungnahme. „Als Begünstigte des Gebührensystems äussert sich die SRG nicht zum Systemwechsel“, sagte ihr Sprecher Daniel Steiner am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.