Bis Februar sorgten sich die Maschinen-, Elektro- und Metall-Industriebetriebe um den demografischen Wandel, der es erschwert, genug Fachkräfte zu finden. Dann kam die Masseneinwanderungsinitiative. Jetzt kommt der Branchenverband Swissmem mit einem Strategiepapier.
Bereits vor der Annahme der Initiative hätten 75 Prozent der Verbandsmitglieder über Schwierigkeiten bei der Rekrutierung gut ausgebildeter Mitarbeiter geklagt. «Mit der Initiative hat das Thema Fachkräftemangel eine neue Dimension angenommen», sagte Swissmem-Präsident Hans Hess an der Halbjahresmedienkonferenz in Bern. Hess glaubt, dass sich der Fachkräftemangel in der MEM-Industrie in den kommenden Jahren deutlich verschärfen wird.
Gemäss einer durch Swissmem in Auftrag gegebenen Studie des Beratungsunternehmens B,S,S. besteht derzeit bei fünf von elf typischen MEM-Berufsfeldern ein Verdacht auf Fachkräftemangel. Deshalb will der Verband handeln und inländisches Arbeitskräftepotenzial noch besser nutzen. So soll etwa den Frauen die MEM-Industrie schmackhaft gemacht werden.
Derzeit beträgt der Anteil an Frauen in dieser Branche gemäss Hess nur gerade 25 Prozent – im Vergleich zu einem Anteil von 46 Prozent in der Gesamtwirtschaft. Werden kaufmännische und die übrigen verarbeitenden Berufe abgezogen, beträgt der Anteil gar nur noch rund 10 Prozent.
Wenig Teilzeitstellen
Viele Frauen befürchten, dass Familie und Beruf in einem Industriebetrieb nicht oder nur schwer vereinbar ist. Grund hierfür ist unter anderem auch der kleine Anteil an Teilzeitstellen. 87 Prozent aller Mitarbeiter in dieser Branche arbeiten mit einem Pensum über 90 Prozent.
Nun sollen Jahresarbeitszeit, gleitende und flexible Arbeitszeiten sowie Jobsharing und Homeoffice Abhilfe schaffen. Unternehmen werden ausserdem angehalten, den Beschäftigungsgrad an den jeweiligen Lebensabschnitt anzupassen sowie Familien in der Kinderbetreuung zu unterstützen. Damit überhaupt eine Basis geschaffen werden kann, will Swissmem Mädchen früh fördern und das Interesse an Technik wecken.
Im Strategiepapier des Branchenverbands ist ausserdem festgehalten, wie ältere Mitarbeitende in den Unternehmen weiterbeschäftigt werden können. Unter anderem durch horizontale Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb des Betriebs sowie durch flexible Pensionierungsmöglichkeiten. Das Bewusstsein des demografischen Wandels sei vielerorts noch zu wenig ausgeprägt, hiess es am Mittwoch.
Die Massnahmen und Handlungsempfehlungen der «Swissmem-Fachkräftestrategie» würden derzeit mit den Verbandsmitgliedern besprochen und weiter verfeinert. Hierzu hat der Verband verschiedene Arbeitsgruppen eingesetzt.
Wachstumsdynamik schwächt sich ab
Am Mittwoch gab Swissmem ausserdem die Zahlen des ersten Semesters der Schweizer MEM-Branche bekannt. Demnach haben sich die Umsätze und Aufträge im ersten Halbjahr um 4,4 Prozent erhöht. Im zweiten Quartal stagnierten sie jedoch und die Exporte gingen sogar um 2,3 Prozent zurück.
Aus diesem Grund zeigt sich die Branche auch weniger optimistisch für die kommenden Monate. Die Wachstumsdynamik habe sich im zweiten Quartal deutlich abgeschwächt, sagte Swissmem-Direktor Peter Dietrich bei der Vorstellung der Zahlen.
Die Zunahme des Auftragseinganges um 11,2 Prozent im zweiten Quartal (+10,9 Prozent im Halbjahr) passe auf den ersten Blick nicht in dieses Bild. Der starke Anstieg ist laut Dietrich jedoch trügerisch, weil der Bestellungseingang im Vorjahresquartal sehr schwach gewesen sei und deshalb ein Basiseffekt die Zahlen verfälsche.
Auch die Stimmungslage in den Unternehmen habe sich eingetrübt, hiess es weiter. Zu Beginn des Jahres rechneten 54,1 Prozent der von Swissmem befragten Firmen mit zunehmenden Auftragseingängen für das Jahr 2014. Mittlerweile gehen noch 38,7 Prozent von einer verbesserten Auftragslage für die kommenden 12 Monate aus.