Menschen, die an seltenen und schweren Krankheiten leiden, sollen mehr Hilfe erhalten, sowohl bei der Diagnose und Behandlung ihres Leidens als auch im Umgang mit den Sozialversicherungen. Das hat der Bundesrat am Mittwoch entschieden und ein Konzept verabschiedet.
Etwa 580’000 der rund 8 Millionen Einwohner der Schweiz leiden an einer seltenen Krankheit, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) schrieb. Eine Krankheit gilt gemäss internationalen Vereinbarungen als selten, wenn sie bis zu 5 von 10’000 Einwohnern betrifft und das Leben bedroht oder zu chronischen Behinderungen führt.
Oft nicht rechtzeitig erkannt
Im Konzept schlägt der Bundesrat 19 Massnahmen vor. Helfen will er vor allem den wegen ihres Leidens besonders benachteiligten Menschen. Beispielsweise sind das Patienten, für deren Krankheit es noch keine etablierte Behandlungsmethode gibt.
Krankheiten würden oft nicht rechtzeitig erkannt und adäquat behandelt, heisst es in der Mitteilung. Verfahren in Spitälern und bei den Sozialversicherung seien langwierig. Und bei der Kostengutsprache für Medikamente und Pflegeleistungen gebe es Unsicherheiten.
Für Krankheiten, bei denen der Unterstützungsbedarf besonders gross ist, will der Bundesrat Referenzzentren schaffen. Diese sollen einerseits sicherstellen, dass Patientinnen und Patienten die Behandlung gewährleistet wird. Anderseits sollen die Zentren für das Gesundheitspersonal Weiterbildungsmöglichkeiten bieten.
Für Gesundheitsfachleute, Erkrankte und auch deren Angehörige schlägt das Konzept von den Behörden unterstützte Informationsplattformen vor. Ausbildungen im Gesundheitswesen sollen bei Bedarf angepasst werden.
Hilfe in administrativen Belangen
Weiter schlägt das Konzept vor, in den Kantonen Koordinatorinnen oder Koordinatoren einzusetzen. Sie sollen Patienten mit seltenen Krankheiten und deren Angehörigen vor allem in administrativen und juristischen Belangen helfen. Koordinatoren in Spitälern sollen in krankheitsspezifischen Belangen Unterstützung bieten.
Ansetzen will der Bundesrat auch bei der Kostengutsprache durch die Krankenkassen und die Invalidenversicherung (IV). Die heutigen Verfahren sind in vielen Fällen zu komplex, sowohl für die Kranken selbst als auch für das Gesundheitspersonal, wie das BAG festhält.
Das Bundesamt will deshalb prüfen, wie die Zusammenarbeit von Ärzten, Vertrauensärzten und Versicherungen vereinfacht und die Übernahme von Kosten für Arzneimittel oder genetische Analysen verbessert werden kann. Erreicht werden soll dieses Ziel mit standardisierten Prozessen.
Ausnahmen unter Voraussetzungen
Die Grundversicherung vergütet nach Angaben des BAG rund 70 Prozent der vom Heilmittelinstitut Swissmedic zugelassenen Arzneimittel für seltene Krankheiten. In bestimmten Ausnahmefällen müssen die Kassen auch bezahlen, wenn das Arzneimittel nicht zugelassen ist.
Nicht zugelassene Heilmittel gegen lebensbedrohende Krankheiten können in der Schweiz ausnahmsweise befristet zugelassen werden. Voraussetzungen sind Vereinbarkeit mit dem Gesundheitsschutz, dass vom Arzneimittel ein grosser therapeutischer Nutzen erwartet wird und dass es in der Schweiz kein vergleichbares Heilmittel gibt.
Über die Höhe der Vergütung entscheiden allerdings die Kassen selbst. Dass kann dazu führen, dass von Fall zu Fall unterschiedliche Beträge entrichtet werden. Ein Faktor ist auch, ob der Hersteller eines Arzneimittels bereit ist, dieses zum von der Kasse verlangten Preis zu liefern.
Das «Konzept Seltene Krankheiten» hat das Parlament mit Postulaten bestellt. Erarbeitet wurde es zusammen mit Patientenorganisationen, Fachleuten und Kantonen. Geplant ist, dass das Eidg. Departement des Innern (EDI) im ersten Quartal 2015 einen Zeitplan für die Umsetzung vorlegt. Auch eine Schätzung der Kosten soll 2015 vorliegen.