Menschenrechtler werfen Polizei in Sri Lanka Folter vor

Menschenrechtsaktivisten werfen Armee und Polizei in Sri Lanka politisch motivierte Folter und Vergewaltigung von Gefangenen vor. Nach Angaben der Organisation Human Rights Watch (HRW) sind die Übergriffe „weit verbreitet“ und dauern bis heute an.

Menschenrechtler erheben schwere Vorwürfe gegen Polizei und Armee in Sri Lanka (Symbolbild) (Bild: sda)

Menschenrechtsaktivisten werfen Armee und Polizei in Sri Lanka politisch motivierte Folter und Vergewaltigung von Gefangenen vor. Nach Angaben der Organisation Human Rights Watch (HRW) sind die Übergriffe „weit verbreitet“ und dauern bis heute an.

Auch nach dem Ende des Bürgerkrieges im Mai 2009 seien Angehörige der tamilischen Minderheit auf der Insel entführt und in Gefängnissen misshandelt worden, erklärte Brad Adams, Asien-Direktor von HRW. Die Organisation stellte am Dienstag einen 141-seitigen Bericht vor, in dem 75 Männer und Frauen zu Wort kommen.

Sie geben an, zwischen 2006 und 2012 verschleppt, tagelang geschlagen, mit Zigaretten verbrannt, an der Decke aufgehängt und vergewaltigt worden zu sein. An der Folter beteiligt gewesen seien Soldaten, Polizisten, Geheimdienstmitarbeiter und paramilitärische Truppen, teilte HRW mit.

Die Organisation kommt zum Schluss, dass sexuelle Gewalt ein zentrales Element der Folter gewesen sei, um Geständnisse von Tamilen zu erzwingen und Angst zu verbreiten. Tamilen sollten abgeschreckt werden, sich der Rebellengruppe „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ (LTTE) anzuschliessen.

Die Gruppe hatte mehr als 25 Jahre lang für einen eigenen Staat für die tamilische Minderheit auf der Insel gekämpft. Im Mai 2009 besiegte die Armee die Aufständischen. In den letzten Monaten des Bürgerkriegs wurden dabei nach Angaben der Vereinten Nationen Zehntausende Zivilisten getötet. Bislang ist laut HRW niemand für Sexualverbrechen an Gefangenen während des Krieges zur Rechenschaft gezogen worden.

Nur die Spitze des Eisbergs

Human Rights Watch wies darauf hin, dass die Regierung in Colombo ihr nicht erlaubt habe, offen in Sri Lanka zu recherchieren oder Häftlinge in Gefängnissen zu befragen. Daher seien im Bericht nur Aussagen von Menschen erfasst, denen es gelungen sei, ausser Landes zu kommen. Es handle sich also nur um einen „winzigen Teil“ der Fälle.

Eine 32-Jährige wird im Bericht zitiert: „Sie sagten, ich solle alles gestehen.“ Sie sei zu Unrecht verdächtigt worden, Mitglied der LTTE gewesen zu sein. „Ich wurde geschlagen und ununterbrochen gefoltert. Am zweiten Tag kam ein Mann in meinen Raum und vergewaltigte mich“, sagt sie weiter. „Ich wurde von verschiedenen Männern an mindestens drei Tagen vergewaltigt. Ich kann mich nicht erinnern, wie oft.“

Keine Fortschritte bei Untersuchung

Vor einem Jahr hatten die Vereinten Nationen die Regierung Sri Lankas zur Untersuchung mutmasslicher Menschenrechtsverstösse und zur Versöhnung mit den Tamilen aufgefordert. Nach einem Bericht der International Crisis Group, der vergangene Woche veröffentlicht wurde, gab es dabei bisher keine messbaren Fortschritte.

Im März will sich der UNO-Menschenrechtsrat in Genf erneut mit der Lage in Sri Lanka befassen. Die Regierung in Colombo weist Menschenrechtsverstösse während des Krieges und danach regelmässig zurück.

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