Überschattet vom Vorwurf schwerer Menschenrechtsverletzungen gegen Gastgeber Sri Lanka hat der Commonwealth-Gipfel begonnen. Die Premierminister von Kanada, Indien und Mauritius blieben dem Treffen fern. Ein Zeichen, das auch die Schweiz beschäftigen müsste.
Zahlreiche Organisationen beschuldigen die Regierung in Colombo, während der Zerschlagung der tamilischen Rebellenorganisation LTTE Kriegsverbrechen begangen zu haben. Die UNO geht davon aus, dass allein in den letzten Monaten des Bürgerkriegs im Jahr 2009 bis zu 40’000 Zivilpersonen ums Leben kamen.
Die Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch und Amnesty International forderten die Staats- und Regierungschefs des Commonwealth-Bundes auf, das Gastland zu einer Untersuchung der Vorwürfe zu drängen.
Die Offensive der Regierungstruppen leitete der im Jahr 2005 an die Staatsspitze gewählte Präsident Mahinda Rajapakse ein. Rajapakse weist die Vorwürfe von Kriegsverbrechen zurück und verhindert eine unabhängige Untersuchung, zeigte sich zuletzt aber gesprächsbereiter als auch schon.
Das kann allerdings auch taktische Gründe haben. Mahinda Rajapakse möchte den Vorsitz des Commonwealth-Bundes übernehmen. Am liebsten wäre ihm darum, wenn die Menschenrechte überhaupt nicht zum Thema würden am Commonwealth-Treffen von diesem Wochenende. Eröffnet wurde der Gipfel des losen Staatenbundes ehemaliger britischer Kolonien von Prinz Charles. Er vertrat sein Mutter, Königin Elisabeth II., die das Oberhaupt des Commonwealth-Bundes ist.
Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten
Im Bürgerkrieg hatten die «Befreiungstiger von Tamil Eelam» LTTE von 1983 bis 2009 auf dem früheren Ceylon für einen unabhängigen Tamilenstaat im Norden und Osten des von Singhalesen dominierten Inselstaates gekämpft.
Die Rebellen schalteten rivalisierende Organisationen brutal aus und beherrschte jahrelang grosse Teile des von ihr beanspruchten Gebietes. Zahlreiche Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverstösse gehen auch aufs Konto der LTTE. 2009 eroberten die Streitkräfte Sri Lankas die LTTE-Gebiete zurück. Bis heute geht die Regierung hart gegen Kritiker vor.
Mitglieder des Menschenrechtsinstituts IBAHRI und die UNO-Sonderberichterstatterin für die Unabhängigkeit der Richter und Anwälte, Gabriela Knaul, wurden nach eigenen Angaben nicht ins Land gelassen.
Diplomaten berichteten, dass Busse mit den Angehörigen vermisster Personen auf dem Weg aus ehemaligen Bürgerkriegsgebieten nach Colombo von der Armee aufgehalten wurden. Demonstrationen in der Hauptstadt wurden während des dreitägigen Gipfels verboten.
Verfolgung von Tamilen
Das Analyseinstitut International Crisis Group warnte in seinem jüngsten Bericht, dass Sri Lankas Regierung zunehmend autoritär agiere und der Raum für demokratische Freiheiten schrumpfe.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker erklärte, den Mitgliedern der tamilischen Minderheit im Norden des Landes drohe bis heute willkürliche Verhaftung. Folter in Gefängnissen, Verschwindenlassen und die systematische Unterdrückung der Pressefreiheit erzeugten noch immer ein Klima der Angst. Deshalb setzen sich Menschenrechtsorganisation unter anderem in der Schweiz dafür ein, dass Asylsuchende aus Sri Lanka nicht zurückgeschafft werden.