Deutschland hat am Donnerstag der Opfer einer Mordserie von Neonazis gedacht. Bei einer eindrucksvollen Feier in Berlin bat Kanzlerin Angela Merkel die Angehörigen um Entschuldigung, dass sie zeitweise unter Verdacht geraten waren.
Staat und Gesellschaft demonstrierten an diesem Tag ihre feste Entschlossenheit, rechtsterroristische Gewalt und Fremdenfeindlichkeit abzuwehren. Gut drei Monate nach Aufdeckung der Mordserie wurden in zahlreichen Städten mit einer Schweigeminute an die Opfer erinnert.
Ein Neonazi-Trio hatte zwischen 2000 und 2007 neun Kleinunternehmer türkischer und griechischer Herkunft sowie eine deutsche Polizeibeamtin ermordet.
Merkel versprach in ihrer Rede zudem eine vollständige Aufklärung der Mordserie. „Als Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland verspreche ich: Wir tun alles, um die Morde aufzuklären, die Helfershelfer und Hintermänner aufzudecken und alle Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen“, sagte sie.
Die Hintergründe der Morde hätten „viel zu lange im Dunkeln gelegen“. Zu wenige in Deutschland hätten es für möglich gehalten, dass rechtsextremistische Tendenzen dahinter steckten. Viele Angehörige seien über Jahre hinweg selbst im Visier der Sicherheitsbehörden gewesen.
Jahre des Alptraums
„Diese Jahre müssen für sie ein Albtraum gewesen seien“, sagte Merkel. „Das ist besonders beklemmend, dafür bitte ich Sie um Verzeihung.“
Die CDU-Vorsitzende sagte weiter, niemand könne „die Trauer und die Verlassenheit auslöschen“. Sie bekräftigte jedoch: „Wir alle können Ihnen heute zeigen, Sie stehen nicht länger allein mit Ihrer Trauer. Wir fühlen mit Ihnen, wir trauern mit Ihnen.“
Stimme einer Angehörigen
Semiya Simsek, die Tochter eines der Mordopfer, warf der Polizei schwere Versäumnisse im Umgang mit ihrer Familie vor. „Elf Jahre lang durften wir nicht einmal reinen Gewissens Opfer sein“, sagte Simsek.
Semiya Simseks Vater, Enver Simsek, war Blumenhändler in Nürnberg und wurde am 9. September 2000 erschossen. Nach dem Mord, so berichtete Semiya Simsek, habe ihre Mutter unter Verdacht gestanden, ihren Ehemann ermordet zu haben.
Zu den Teilnehmern der Feier, die Regierung, Bundestag und Bundesrat vereinbart hatten, gehörten Schulklassen und Sportvereine, die sich im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit engagieren. Vertreten war neben der gesamten politische Führung eine Delegation des türkischen Parlaments.