Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan vor seinem umstrittenen Auftritt in Köln zur Zurückhaltung aufgerufen. Erdogan soll am Samstag eine Rede vor 20’000 Menschen halten.
Erdogan habe bereits häufiger solche Auftritte in Deutschland absolviert, sagte Merkel der «Saarbrücker Zeitung» (Freitagausgabe). «Ich gehe davon aus, dass er weiss, wie sensibel dieser Termin gerade diesmal ist, und dass er verantwortungsvoll auftritt», sagte die CDU-Politikerin.
Kritiker befürchten, Erdogan könne die Rede als Wahlkampf-Auftritt nutzen. Politiker von CDU und CSU hatten Erdogan auch vor dem Hintergrund der Bergwerkskatastrophe im türkischen Soma einen Verzicht auf den Auftritt nahegelegt.
Erdogan steht wegen des verheerenden Grubenunglücks in der Kritik, bei dem 301 Bergleute starben. Ihm wird vorgeworfen, die Katastrophe verharmlost zu haben und eine Mitverantwortung für laxe Sicherheitsstandards zu tragen. Auch das gewaltsame Vorgehen gegen Bürgerproteste und die vorübergehende Sperre des Internetdienstes Twitter belasten das Verhältnis europäischer Staaten und der Türkei.
Wahlkampfrede befürchtet
Entsprechend kontrovers ist eine Einladung der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) nach Köln. Da Erdogan wohl im Sommer bei der Präsidentenwahl antreten wird, könnte er in der Lanxess-Arena eine Wahlkampf-Rede an die türkischen Staatsbürger in Deutschland halten, eine wichtige Wählergruppe.
Dies werde nicht geschehen, erklärte am Donnerstag der Chef der UETD, Süleyman Celik. «Wir leben in einem demokratischen Land, alles wird friedlich laufen», betonte er. Erdogan sei bei der Gründung der UETD vor zehn Jahren eingeladen worden und nun sei er erneut Gast beim Jubiläum der Organisation.
Jugendlicher in Istanbul von Polizei angeschossen
Bei Protesten gegen die Regierung in der Türkei selbst kam es am Donnerstag erneut zu Gewalt. In Istanbul wurde ein Jugendlicher nach offiziellen Angaben bei Strassenschlachten zwischen Demonstranten und der Polizei angeschossen und schwer verletzt.
Zum Zeitpunkt des Zwischenfalls ging die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Demonstranten vor. Auch zwei Beamte sollen verletzt worden sein.