Europas Wirtschaft ist noch nicht dort, wo die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sie gerne hätte. Bei ihrem Auftritt am Weltwirtschaftsforum (WEF) plädierte Merkel dafür, dringend nötige Reformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit anzupacken – denn die Zeit dränge.
Europa stehe vor grossen Herausforderungen, sagte die Bundeskanzlerin am Donnerstag in Davos: Die Schuldenkrise sei «im Griff, aber noch nicht überwunden». Europa habe viel Glaubwürdigkeit und Wettbewerbsfähigkeit verloren und noch nicht wieder zurückerlangt.
Merkel sprach von einem momentan verzerrten Bild der Kompetitivität der europäischen Staaten. Wegen weltweit grosser Liquidität sei «das reale Bild über die Fähigkeiten und die wirtschaftlichen Stärken im Augenblick nicht ganz sichtbar. Und man darf sich nicht wundern, wenn es eines Tages wieder sichtbar wird. Es wird sichtbar werden.»
Dies habe der Entscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB) offenbart, als sie den Euro-Franken-Mindestkurs kippte. «Plötzlich ist die Differenz da zwischen dem Franken und dem Euro.» Auf solche Szenarien müsse man sich vorbereiten.
«Müssen aufholen»
Deshalb rief Merkel für eine Anstrengung der Reformbemühungen in der EU auf und sah den Kontinent noch am Anfang auf dem Weg zu mehr Wettbewerbsfähigkeit. «Wir müssen eher aufholen, als dass wir an der Spitze sind», sagte sie selbstkritisch. «Wir haben viel Zeit verloren und die Zeit drängt», denn jeder Tag bis zu mehr Wettbewerbsfähigkeit in Europa sei «ein verlorener Tag für die Arbeitslosen».
Dass sich Reformen lohnten, hätten die Beispiele Griechenland, Portugal und Irland gezeigt. Und Italien hätte «endlich» wichtige Reformen durchgeführt, während Frankreich erst noch daran sei.
Weiter warnte Merkel die EU davor, sich Handelschancen mit den USA zu verbauen und das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP scheitern zu lassen. «Wir können uns nicht abschotten in dieser Welt.», so Merkel. Gleiches gelte für die aufgegleisten Abkommen mit Kanada und Japan.