Der Brexit-Beschluss erschüttert die EU. Vor dem Gipfel in Brüssel signalisieren die drei Gründerstaaten Deutschland, Frankreich und Italien: Die Union bleibt – sie muss sich aber verändern.
Die drei Länder wollen mit einer gemeinsamen Initiative zur Erneuerung der EU den Zusammenhalt der Europäer nach dem britischen Austritts-Votum sichern. Auf dem EU-Gipfel am (morgigen) Dienstag und Mittwoch in Brüssel sollten daher Vorschläge für einen «neuen Impuls» für die Europäische Union gemacht werden, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel nach einem Gespräch mit dem französischen Präsidenten François Hollande und Italiens Regierungschef Matteo Renzi am Montagabend in Berlin.
Das Trio pocht auf einen raschen Beginn der Austrittsverhandlungen, die London in Gang setzen müsse. Vorabvereinbarungen erteilten sie eine klare Absage.
Kräfte bündeln
In einer gemeinsamen Erklärung betonten Merkel, Hollande und Renzi: «Wir sind voller Zuversicht, dass die Europäische Union stark genug ist, um die richtigen Antworten zu geben. Wir haben keine Zeit zu verlieren.» Die EU könne nur vorangebracht werden, wenn sie weiter von ihren Bürgern getragen wird.
Dafür müsse sie sich Sorgen widmen, ihre Funktionsweisen und Ziele klarstellen. «Sie sollte stärker sein bei den wesentlichen Prioritäten, bei denen die Europäer ihre Kräfte bündeln müssen, und sich dort zurücknehmen, wo die Mitgliedstaaten besser handeln können.» Die EU müsse besonders bei Programmen und Projekten schneller handeln, von denen Bürger direkt profitieren.
Erarbeitet werden sollten in den nächsten Monaten konkrete Massnahmen etwa in der Verteidigung, beim Kampf gegen den Terror, zur Schaffung von Arbeitsplätzen, für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Überlegt werden solle auch, wie «spezifische Signale» an junge Leute in den EU-Ländern gesendet werden könnten, sagte Merkel.
Darüber solle nun beim EU-Gipfel und dann im September weiter gesprochen werden. Die Diskussionen könnten auf den 60. Jahrestag der Europäischen Verträge im März kommenden Jahres hingeführt werden. «Aber wir können nicht warten mit spezifischen Vorschlägen bis dahin», sagte Merkel.
Gegen «Hängepartie»
Die Kanzlerin unterstrich, es werde keine formellen oder informellen Gespräche mit London über den Austritt geben, bevor nicht der Antrag der britischen Regierung eingegangen sei. «Wir wünschen uns natürlich, dass es hier keine Hängepartie gibt.»
Hollande forderte, der Antrag sollte so schnell wie möglich kommen. «Wir haben keine Zeit zu verlieren, mit dem Austritt Grossbritanniens umzugehen und einen neuen Impuls für Europa zu geben.» Nichts sei schlimmer als Ungewissheit.
Auch Renzi mahnte Geschlossenheit an. «Wir dürfen nicht einfach abwarten, was passiert», sagte der Ministerpräsident. «Wir wissen, dass wir keine Minute verlieren dürfen.» Die Entscheidung für einen Brexit sei traurig. Sie eröffne aber auch neue Chancen.