Kanzlerin Angela Merkel und die CDU/CSU haben bei der Bundestagswahl in Deutschland einen triumphalen Wahlsieg erzielt. Nach den Hochrechnungen vom Sonntagabend könnten die Unionsparteien sogar eine absolute Mehrheit erzielen.
Andernfalls müssten sie sich jedoch einen neuen Koalitionspartner suchen, weil der bisherige Partner FDP voraussichtlich an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte.
Die Union erzielte laut Hochrechnungen von ARD und ZDF gegen 20.30 Uhr 42,0 bis 42,3 Prozent der Stimmen, würde demnach aber die absolute Mehrheit der Mandate knapp verfehlen. Sonst wäre dies die erste absolute Mehrheit einer Partei im Bund seit der Regierung von 1957 bis 1961 unter Konrad Adenauer (CDU).
Die sozialdemokratische SPD kam auf 25,5 bis 25,7 Prozent, die Linkspartei auf 8,4 bis 8,6 Prozent und die Grünen 8,1 bis 8,3 Prozent. Die euro-kritische Alternative für Deutschland (AfD) lag mit 4,9 Prozent dicht an der entscheidenden Fünf-Prozent-Marke.
Die FDP wäre mit 4,5 bis 4,6 Prozent nicht mehr im Parlament vertreten. Falls die Union die absolute Mehrheit verfehlt, kämen in einem Vier-Parteien-Parlament rechnerisch eine grosse Koalition oder auch ein schwarz-grünes Bündnis unter Kanzlerin Merkel in Frage. Dies gilt auch dann, wenn die AfD doch noch in den Bundestag einziehen sollte.
Steinbrück: Merkel jetzt am Ball
Merkel sprach von einem «super Ergebnis» und bedankte sich für «das überragende Vertrauen» der Wähler. Zugleich sicherte sie mit Blick auf die neue Stärke der Union zu: «Wir werden damit verantwortungsvoll und sorgsam umgehen». Vor allem aber wolle sie «in den nächsten vier Jahren alles dafür tun, dass es erfolgreiche Jahre für Deutschland werden können». CSU-Chef Horst Seehofer sagte, die Union habe «phänomenal abgeschlossen».
SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück sagte: «Wir haben nicht das Ergebnis erzielt, das wir wollten.» Zugleich bot er an, auch künftig für die Sozialdemokraten Verantwortung zu übernehmen.
Mit Blick auf die noch unklaren Mehrheitsverhältnisse warnte Steinbrück vor verfrühten Koalitionsspekulationen: «Der Ball liegt jetzt im Spielfeld von Frau Merkel.» In jedem Fall würden für die SPD weiterhin Inhalte Massstab sein. Sowohl Steinbrück wie SPD-Chef Sigmar Gabriel gratulierten Merkel zu ihrem Wahlsieg.
Enttäuschte Grüne
«Wir haben verloren. Das ist bittere Realität», sagte Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin. Ko-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt kündigte eine «klare und sehr ehrliche Analyse» an. Koalitionsspekulationen lehnte auch Trittin ab, sagte aber: «Wir machen das von der Sache abhängig.»
Linksfraktionschef Gregor Gysi verwies darauf, dass seine Partei trotz Verlusten die drittstärkste Kraft im neuen Bundestag sei.
AfD-Spitzenkandidat Bernd Lucke wertete das Ergebnis seiner Partei als Denkzettel für die etablierten Parteien. «Wir haben hier ein kräftiges Zeichen des Widerspruchs gesetzt», sagte er. Die AfD will den Austritt Deutschlands aus der Währungsunion.
Rösler vor Rücktritt
FDP-Chef Philipp Rösler kündigte politische Konsequenzen an. «Das ist die bitterste, die traurigste Stunde in der Geschichte dieser Freien Demokratischen Partei», sagte er zu dem wahrscheinlichen Ausscheiden der FDP aus dem Parlament.
Die FDP hatte bis zuletzt um Leihstimmen von Anhängern der CDU/CSU geworben, Merkel hatte dies jedoch abgelehnt. Diese Entscheidung verteidigte die Kanzlerin am Wahlabend noch einmal, bedauerte aber zugleich das Ausscheiden der FDP. Die Liberalen waren seit Bestehen des Bundestags 1949 dort vertreten.
Etwas höhere Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung lag laut ARD bei 73 Prozent und damit etwas höher als vor vier Jahren. Es gab 61,8 Millionen Wahlberechtigte, die sich zwischen insgesamt 34 Parteien entscheiden konnten.
Bei der Bundestagswahl 2009 hatte die CDU/CSU 33,8 Prozent erreicht, die SPD 23,0 Prozent. Die FDP kam damals auf 14,6 Prozent, die Linke auf 11,9 Prozent und die Grünen auf 10,7 Prozent.