In die festgefahrenen Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei ist auch nach einem Treffen von Angela Merkel und Recep Tayyip Erdogan keine Bewegung gekommen. Der türkische Ministerpräsident blieb bei seinem Besuch in Berlin in der Zypern-Frage hart.
Die Türkei strebt die Vollmitgliedschaft in der EU an. Die Zypern-Frage bildet auf diesem Weg die grösste Hürde. Ankara erkennt Zypern nicht an und lehnt die Öffnung der Grenzen zur griechisch-zyprischen Regierung ab.
Unter ausschliesslicher Bezeichnung des EU-Mitglieds als „Süd-Zypern“ sagte Erdogan: „Dass Süd-Zypern aufgenommen wurde in die EU, das ist ein Fehler gewesen. Und dieser Fehler wächst immer weiter.“
Ankara hat schon seit 1999 Kandidatenstatus, die Verhandlungen laufen seit 2005. Doch konnte in den vergangenen zwei Jahren kein einziges neues Verhandlungskapitel geöffnet werden.
Merkel wies die von Erdogan geäusserten Vorwürfe zurück, wonach die EU bei den Beitrittsverhandlungen nicht mit offenen Karten spiele. Sie sicherte Erdogan „ehrliche“ Verhandlungen zu.
Die Bundeskanzlerin sprach ausserdem von freundschaftlichen deutsch-türkischen Beziehungen. Sie bekannte sich als CDU-Vorsitzende aber gleichzeitig zur Position ihrer Partei. Diese spricht sich gegen eine Vollmitgliedschaft der Türkei aus.
Merkel betonte allerdings, die Beitrittsgespräche würden ergebnisoffen geführt. Die Kanzlerin will im nächsten Jahr in die Türkei reisen.
Demonstration gegen Besuch
Erdogan weilte seit Montag in der deutschen Hauptstadt. Unter anderem eröffnete er am Dienstag die neue türkische Botschaft in Berlin.
Gegen den Besuch Erdogans demonstrierten am Mittwoch rund 2000 Menschen in der Nähe des Kanzleramtes. Der Generalsekretär der Alevitischen Gemeinde Deutschland, Ali Dogan, sagte, Erdogan verachte die Menschenrechte und sei ein Feind von Kurden und Andersgläubigen.
Streitpunkt PKK
Erdogan wirft Deutschland und Frankreich vor, nicht entschlossen genug gegen Anhänger der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften kurdischen Arbeiterpartei PKK vorzugehen.
Merkel erklärte hingegen, Deutschland werde alles tun, um terroristische Aktivitäten der PKK zu unterbinden. Dies gelte gerade auch dann, wenn es um mögliche Planungen der PKK von deutschem Boden aus gehe.
Die deutsche Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die ihrerseits auf Besuch in Ankara weilte, wies die Vorwürfe ebenfalls zurück. Deutschland kümmere sich nach seinen rechtlichen Grundlagen um PKK-Fälle. Ausserdem sei die PKK in Deutschland verboten.
Die Ministerin beklagte Schwächen bei der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei und rechtsstaatliche Mängel wie überlange Untersuchungshaft-Zeiten. Die Defizite im türkischen Rechtssystem sind ein weiterer Grund für die schleppenden Beitrittsverhandlungen mit der EU.