Der deutsche Satiriker Jan Böhmermann hat nach den heftigen Reaktionen auf seinen umstrittenen Beitrag über den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan seine nächste Sendung abgesagt. Als Grund führte er die «massive Berichterstattung» an.
Daraus ergebe sich eine grosse Aufmerksamkeit für die Sendung und den Moderator, teilten Böhmermann und die Produktionsfirma btf GmbH am Dienstag auf der Facebook-Seite der Sendung mit.
Die Entscheidung erfolgte in Abstimmung mit dem ZDF. Der Sender erklärte dazu, die Entscheidung zu respektieren und Verständnis für die Begründung zu haben. Die nun abgesagte Sendung «Neo Magazin Royale» war für Donnerstag angesetzt gewesen.
Böhmermann hatte Erdogan vor knapp zwei Wochen in einem Gedicht, das er als «Schmähkritik» angekündigt hatte, mit Worten unter der Gürtellinie angegriffen. Die deutsche Regierung prüft derzeit ein Ersuchen der türkischen Regierung, den Moderator wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
Am Montag stellte Erdogan daneben auch persönlich Strafanzeige gegen Böhmermann wegen Beleidigung. Dieser Rechtsweg kann unabhängig von der Entscheidung der deutschen Regierung beschritten werden. Mit dem Fall ist die Staatsanwaltschaft Mainz befasst.
Merkel erinnert an Grundrechte
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm am Dienstag in allgemeiner Art Stellung zum Fall. Dabei betonte sie die Meinungsfreiheit in Deutschland.
«Wir haben die Grundwerte des Grundgesetzes. Dazu gehört der Artikel fünf, das ist die Freiheit der Meinung, der Wissenschaft und natürlich auch der Kunst», sagte Merkel am Dienstag in Berlin. «Diese Grundwerte gelten unbeschadet aller politischen Probleme, die wir miteinander besprechen», fügte sie mit Blick auf die mit der Türkei hinzu. «Dazu gehört auch das Thema Flüchtlinge.»
Es gebe ein gemeinsames Interesse der Türkei und der EU, in der Flüchtlingsfrage eine Lösung zu finden. Aber das alles sei völlig unabhängig davon, dass «die Grundrechte in Deutschland gelten, und davon völlig entkoppelt sind», sagte die Kanzlerin.
Sie selbst hatte das Gedicht in einem Telefonat mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu nach Angaben ihres Sprechers als «bewusst verletzenden Text» bezeichnet.
Der Wunsch der Türkei nach Strafverfolgung Böhmermanns werde von der Regierung geprüft. Diese sehr sorgfältige Prüfung solle in den nächste Tagen abgeschlossen werden, sagte Merkel.