Brasiliens Parlament ist am Sonntag zusammengetreten um über die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Staatschefin Dilma Rousseff zu entscheiden. Im Vorfeld wurden Sicherheitsmassnahmen getroffen, um erwartete Grosskundgebungen kontrollieren zu können.
Vor dem Kongress in Brasilia liessen die Behörden einen Kilometer langen Metallzaun errichten. Der zwei Meter hohe Metallzaun sollte es der Polizei erleichtern, bei den anstehenden Grosskundgebungen in der Nacht zum Montag die Gegner und Anhänger Rousseffs auseinanderzuhalten. Er wurde aber zugleich zum Zeichen für die tiefe politische Spaltung des Landes.
Die Präsidentin wandte sich kurz vor der vorentscheidenden Abstimmung im Abgeordnetenhaus am Sonntag direkt ans Volk. Dabei warnte sie vor einem «Staatsstreich» und vor einer Kürzung sozialer Programme im Falle ihres Sturzes. Ihr Widersacher, ihr früherer Bündnispartner und noch Vizepräsident Michel Temer, bezichtigt die Präsidentin der «Lügen».
Das Regierungslager kämpfte bis zum Schluss um einzelne Abgeordnetenstimmen, um die notwendige Zweidrittelmehrheit der Rousseff-Gegner im Parlament zu verhindern. Sollten diese das Quorum von 342 der 513 Stimmen verfehlen, wäre das Amtsenthebungsverfahren gestoppt.
Rousseff droht Suspendierung
Wird die Mehrheit aber erreicht und stimmt anschliessend auch der Senat bis Ende April mit einfacher Mehrheit für die Fortführung des Verfahrens, wäre Rousseff zunächst für 180 Tage suspendiert. Ihr Vize Temer würde die Amtsgeschäfte übernehmen.
Während dieser Zeit würden die Vorwürfe gegen Rousseff intensiv juristisch geprüft. Es geht unter anderem um angebliche Tricksereien beim Staatsbudget. Rousseff weist die Vorwürfe zurück und warnt vor einem politisch motivierten «Putsch» von Opposition und früheren Koalitionspartnern.
Spätestens im Oktober könnte der Senat mit Zweidrittelmehrheit sie endgültig des Amtes entheben und ihr Widersacher Temer würde bis 2018 Präsident bleiben.