Michael Lang geniesst beim FC Basel und im Kreis der Landesauswahl eine hohe Wertschätzung. «Lang zieht ganz vorne am Karren, man nimmt ihn wahr», sagt der abtretende FCB-Coach Urs Fischer über ihn.
Der 26-Jährige mit dem Erfahrungsschatz von über 300 Profi-Partien hat sich seit seinem Debüt in der Super League 2007 zu einer prägenden Figur entwickelt. Im Interview mit der Nachrichtenagentur sda spricht Lang über den Führungswechsel in Basel, die Stärken der Schweizer Nationalmannschaft und Nationaltrainer Vladimir Petkovic.
Michael Lang, Sie haben nicht nur Trophäen gefeiert, sondern auch Abschied genommen: Das FCB-Triumvirat Bernhard Heusler, Georg Heitz und Urs Fischer tritt ab.
«Das Timing war perfekt. Sie gehen in einem sehr guten Moment. Die Herren Heusler und Heitz verlassen den Klub mit dem Double, für sie endete eine langjährige Ära triumphal.»
Die Erneuerung auf Führungsebene ist radikal – Präsident, Sportchef und Trainer, alle weg.
«Für einmal bleibt nur das Team weitgehend zusammen, das ist in der Tat neu und ein spannender Schritt. Aber ich erinnere mich an die Wochen vor meinem Wechsel. Fabian Schär ging, Fabian Frei ebenfalls, Pipi (Streller) hörte auf. Ich hatte Angst, dass ausgerechnet wir Neuen erstmals nicht Meister werden. Es kam bekanntermassen anders.»
Ein neunter Meistertitel in Folge ist also durchaus denkbar?
«Es werden kompetente Leute mit viel Knowhow übernehmen, die genau wissen, wie der Fussball funktioniert. Wir haben bereits Gespräche geführt, ich kenne ihre Ideen, ihr Vorhaben. Die Lust ist da, das neue Konzept als Führungsspieler mitzutragen. Wir müssen schauen, dass weiterhin alles so perfekt funktioniert.»
Im Nationalteam sind Sie seit vier Jahren dabei. Auch hier funktioniert sehr viel gut. Sie sind Beobachter und Player zugleich – erzählen Sie uns etwas über die Substanz, die hinter der Konstanz auf hohem Niveau steckt.
«Die Konstanz spricht für die Qualität und die Mentalität der Mannschaft. Es gibt einige Teams, die über ein klar besseres Kader verfügen. Wenn ich mir beispielsweise nur mal die deutsche U21 anschaue, ist die Kaderliste mit Bundesliga-Spielern gespickt. Wir lösen viel im mentalen Bereich. Die Rangordnung stimmt, der gegenseitige Respekt ist vorhanden, jeder Akteur kennt seine Rolle und Aufgabe. Die persönlichen Sorgen oder Ansprüche haben zweite Priorität.»
Die Selbsteinschätzung als Stärke?
«Es gelingt jedem, sich einzufügen. Wir sind weniger lang zusammen als im Klub, wären wir ein halbes Jahr mit einem 23er-Kader unterwegs, gäbe es womöglich Unzufriedene. Wobei, zwei, drei Härtefälle pro Jahr gibt es immer, das ist im Übrigen auch normal, wenn ambitionierte Persönlichkeiten zusammenarbeiten; im Nationalteam macht keiner bezahlte Ferien. Aber eben, die generelle Wertschätzung ist da, das ist deutlich zu spüren. Keiner arbeitet nur für sich.»
Kompensiert die Schweiz so, dass kein Ronaldo oder Messi zur Verfügung steht?
«Wir müssen auf der genannten Schiene fahren, auf der zwischenmenschlichen Ebene können wir uns eigentlich keinen anderen Weg leisten. Wir messen uns teilweise mit Gegnern, die auf brillante Einzelkünstler zählen können. Denken wir an den Test gegen die Belgier in Genf vor der EM. Auf der anderen Seite standen Stars von Chelsea, Man City oder Everton. Wenn wir uns mit Führungsspielern aus der Premier League vergleichen wollen, muss jeder seine Rolle kennen und zu 100 Prozent umsetzen.»
Gibt es Nationalteamkollegen, die Ihnen imponieren, die Sie vielleicht sogar inspirieren?
«Wenn ich aktuell einen Spieler nennen müsste, der sich von seiner Verfassung und Position her im Klub vom Rest etwas abhebt, dann ist es Granit. Er hat sich trotz Rückschlägen und gewaltigem Druck bei einem Weltklub wie Arsenal ohne Wenn und Aber durchgesetzt. Das ist tatsächlich imponierend! Er wechselte mit einem eindrücklichen Preisschild von Mönchengladbach zu Arsenal. Wenn ich all diese Komponenten berücksichtige, beansprucht er seine Rolle als Leader im Nationalteam völlig zu Recht. Er ist ein Führungsspieler, er hat sich dieses Standing mit überragenden Leistungen erarbeitet.»
Ottmar Hitzfeld machte Sie zum Nationalspieler, seit bald drei Jahren ist Vladimir Petkovic der Taktgeber in der SFV-Auswahl. In welche Richtung entwickelte sich das Team?
«Herr Petkovic geht sehr exakt auf die einzelnen Spieler und Charaktere ein. Er versteht es, jedem ein gutes Gefühl zu vermitteln und findet in schwierigen Situationen sehr oft die richtige Lösung, weil er das Spiel exzellent liest. Für mich ist entscheidend, dass sein etwas offensiverer Stil gut zu dem passt, was die Spieler im Sinn haben.»
Welche Zukunft prognostizieren Sie der Mannschaft? Viele Positionen sind von relativ jungen Spielern besetzt.
«Viele Nationalspieler haben die besten Jahre womöglich noch vor sich. Es ist vieles möglich, auch ein Viertelfinal. Daran arbeiten wir, jeder peilt diesen entscheidenden Schritt vorwärts an, an einer WM oder EM den Viertelfinal zu erreichen, ein grosses Spiel zu gewinnen.»