Der US-Softwareriese Microsoft sucht einen neuen Chef. Amtsinhaber Steve Ballmer werde in den kommenden zwölf Monaten zurücktreten, teilte das Unternehmen am Freitag überraschend mit.
Mit dieser Nachricht von Microsoft hat wohl keiner gerechnet: Der Chef tritt zurück und lange will Steve Ballmer nicht mehr bleiben. Der Chef von Microsoft will zurücktreten sobald ein Nachfolger ernannt ist, spätestens in zwölf Monaten. Für die Aufgabe kämen sowohl interne als auch externe Kandidaten infrage. Firmengründer Bill Gates wird dem Gremium zur Suche eines neuen Konzernchefs angehören.
«Es gibt nie eine perfekte Zeit für einen solchen Übergang, aber jetzt ist die richtige Zeit», erklärte Ballmer in der Mitteilung. Der 57-jährige Sohn eines Schweizer Auswanderers steht seit 2000 an der Spitze des weltgrössten Software-Konzerns. Microsoft brauche einen Chef, der für längere Zeit den Wandel zu einem Spezialisten für Geräte und Dienstleistungen begleiten werde, stellte Ballmer fest.
Damit bestätigte er den Umbruch, in dem Microsoft seit einiger Zeit steckt: Das reine Software-Geschäft mit dem Betriebssystem Windows und Programmen wie Office reicht nicht mehr aus. An der Börse kam die Ankündigung vom Konzernsitz im Bundesstaat Washington gut an. Die Microsoft-Aktie legte im frühen US-Handel rund 7 Prozent zu.
Microsoft hatte der Konkurrenz nichts entgegenzusetzen
Unter Ballmers Führung geriet der einst unangefochtene Windows-Hersteller stark unter Druck. Konkurrenten wie Apple setzten dem Konzern mit neuen Geräten zu, alternative Betriebssysteme wie Android machten sich auf Smartphones und Tablet-PCs breit. Deren Triumphzug hatte Microsoft lange nichts entgegenzusetzen. In der Welt abseits von PCs und Servern gerieten die Systeme des einst dominierenden Software-Herstellers an den Rand der Bedeutungslosigkeit.
Der 57-jährige Ballmer steuerte dagegen, hatte aber mitunter wenig Glück. Um dem iPhone etwas entgegenzusetzen verbündete er sich mit der finnischen Nokia, deren Stern allerdings unaufhaltsam sank. Bei den Tablets verliess sich Microsoft nicht mehr auf traditionelle Grosskunden wie Hewlett-Packard oder Dell, sondern liess eigene Geräte bauen, die am Markt allerdings bislang nicht den Hauch einer Chance gegen die Modelle von Apple oder Samsung haben.
Bei den Betriebssystemen verzeichnete Ballmer sowohl Erfolge als auch Fehlschläge. Während Experten die Version 7 lobten, wurde der Vorgänger Vista und auch der Nachfolger 8 als unausgegoren geschmäht.
Ausgefallene Auftritte
Der temperamentvolle Manager war für seine ausgefallenen Auftritte in der Öffentlichkeit und bei Firmenveranstaltungen bekannt, bei denen er sich vor Engagement Hemden durchschwitzte oder wie besessen «Developer, Developer, Developer» (Entwickler) vor sich hin brüllte.
Der studierte Mathematiker war erst der zweite Chef in der 38-jährigen Geschichte des Unternehmens nach Gates, der das Amt 2000 an seinen langjährigen Weggefährten abgab. Zuletzt wurden die Rufe von Investoren nach einer Ablösung Ballmers angesichts schwächerer Zahlen lauter. So handelte ein missglückter Zukauf bei Online-Werbung dem Unternehmen vor einem Jahr den ersten Verlust in der über 30-jährigen Firmengeschichte ein.
Im jüngsten Quartal konnte Ballmer zwar ein Umsatzplus von 10 Prozent und rund 5 Mrd. Dollar Gewinn präsentieren. Doch ein näherer Blick in die Geschäftszahlen offenbart die Probleme: Der Gewinn der Windows-Sparte halbierte sich auf knapp 1,1 Mrd. Dollar. Und Microsoft schrieb alleine 900 Mio. Dollar auf seinen Tablet-Computer Surface RT ab, der sich schlechter verkaufte als erwartet.