Mieter in der Schweiz können auf keine zusätzlichen Zinssenkungen hoffen. Der hypothekarische Referenzzinssatz bleibt bei rekordtiefen 1,75 Prozent. Nur: Laut dem Mieterverband haben bis jetzt zu wenige davon profitiert.
Nach der Senkung im vergangenen Juni bleibt der zur Berechnung der Mieten ausschlaggebende Index stabil, wie das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) am Dienstag mitteilte. Ein rekordtiefer Referenzzinssatz kommt Mieterinnen und Mietern eigentlich entgegen. Trotzdem hätten diese oft das Nachsehen, schreibt der Schweizerische Mieterinnen- und Mieterverband (SMV) in einer Mitteilung.
Wohneigentümer zahlten dank sinkenden Zinsen weniger fürs Wohnen. Die stark reduzierten Hypothekarzinsen hätten die Budgets jener Haushalte, die in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus wohnen, um mehrere Prozente entlastet. «Die Schere zu den Mieterinnen und Mietern klafft aber immer weiter auseinander.» Denn sie profitierten kaum von der Tiefzinsphase.
«Die Hälfte der Mietzinsen muss runter»
SMV-Sprecher Michael Töngi verweist auf die vierteljährliche Mietzinserhebung des Bundesamts für Statistik (BFS). Diese zeigt, dass zwischen August und November – also nach Bekanntgabe des historisch tiefen Referenzzinssatzes – 14,4 Prozent der Wohnungsmieten gesenkt worden sind. 1,4 Prozent der Wohnungen sind im gleichen Zeitraum teurer geworden. In 84,2 Prozent der Fälle ist die Wohnungsmiete gleich geblieben.
Laut Töngi passen nach jeder Senkungsrunde zwischen 14 und 20 Prozent der Vermieter ihre Preise nach unten an. Das seien viel zu wenige. «Es müssten weit über die Hälfte der Mietzinsen gesenkt werden.»
Auch wenn es eine Senkung gebe, würde diese oft durch die hohen Mietzinssprünge bei Wiedervermietungen von Wohnungen aufgefressen. Mit der Einführung der Transparenz bei den Anfangsmieten mache der Bundesrat einen ersten Schritt, schreibt der Mieterverband. «Nun ist es am Parlament, dieser Botschaft rasch zuzustimmen.»
Hauseigentümer kontern Kritik
Kein Handlungsbedarf sieht dagegen der Hauseigentümerverband Schweiz (HEV). Dank des langjährigen Tiefzinsniveaus gebe es noch immer zahlreiche Mietverhältnisse mit günstigen Mietzinsen, schreibt er in einer Mitteilung.
Auch die Hauseigentümer ziehen Zahlen des BFS bei, um ihre Aussage zu stützen. Gemäss der Strukturerhebung 2014 kostete eine Dreizimmerwohnung in Zürich durchschnittlich 1481 Franken, in Basel 1271 Franken und in St. Gallen sogar nur 1162 Franken. Im Schweizer Durchschnitt betrug der monatliche Mietzins für eine solche Wohnung 1280 Franken.
«Dies zeigt, dass die immensen Investitionen der Vermieter für die Werterhaltung und Erneuerung der Liegenschaften in den vergangenen Jahren ohne schmerzhafte Mietzinsaufschläge aufgefangen werden konnten», bilanziert der HEV.
Sinkflug fortgesetzt
Mieter kommen vorderhand nur in den Genuss einer Reduktion, wenn der Mietzins nicht auf dem aktuellen Referenzzinssatz von 1,75 Prozent basiert. Allerdings auch dann nicht in jedem Fall: Die Vermieter können aufgelaufene Kostenänderungen wie die Teuerung im Umfang von 40 Prozent oder Erhöhungen von Unterhaltskosten im Einzelfall mit der geforderten Mietzinssenkung verrechnen.
Die Mietzinsgestaltung wird in der Schweiz seit dem 10. September 2008 auf einen einheitlichen hypothekarischen Referenzzinssatz abgestellt. Dieser ersetzte den in den einzelnen Kantonen früher massgebenden Zinssatz für variable Hypotheken.
Seit der Einführung ist der Referenzzinssatz noch nie gestiegen. 2008 lag er noch bei 3,5 Prozent, danach sank er immer weiter. Die nächste Bekanntgabe ist für den 1. Juni 2016 vorgesehen.