Das Parlament will multinationale Konzerne zu Transparenz verpflichten und so verhindern, dass Gewinne in Tiefsteuerländer verschoben werden. Es beschloss aber mildere Sanktionen als der Bundesrat vorgeschlagen hatte.
Der Ständerat hat sich am Dienstag oppositionslos in allen noch umstrittenen Punkten dem Nationalrat angeschlossen. Damit sind eine multilaterale Vereinbarung und das Gesetz zu deren Umsetzung bereit für die Schlussabstimmungen.
Die Vereinbarung über den Austausch länderbezogener Berichte (ALBA-Vereinbarung) soll die Transparenz verbessern. Künftig müssen die Unternehmen jedes Jahr in einem Bericht aufzeigen, wo sie wie viel Umsatz gemacht und Steuern gezahlt haben.
Diese länderbezogenen Berichte werden mit anderen Staaten automatisch ausgetauscht. Es handelt sich um eine Massnahme des OECD-Aktionsplans BEPS zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und -verlagerung.
Kaum eine Wahl
Die Linke sieht damit eine alte Forderung erfüllt. Steuern seien dort zu zahlen, wo Wertschöpfung stattfinde, hiess es in den Debatten. Die bürgerlichen Redner stellten fest, die Schweiz habe keine grosse Wahl. Zwar sei zu befürchten, dass sie Steuersubstrat verlieren werde. Die Vereinbarung nicht zu ratifizieren, würde aber nichts nützen. Multis mit Sitz in der Schweiz müssten ihre Berichte in diesem Fall nämlich in anderen Ländern einreichen.
Gegen die ALBA-Vereinbarung stellte sich die SVP. Sie hätte den Informationsaustausch lieber im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen aushandeln wollen, weil sie befürchtet, dass die Vereinbarung später ergänzt werden könnte. Finanzminister Ueli Maurer versicherte jedoch, jede Änderung des Vertrags müsse durch das Parlament genehmigt werden.
Niedrigere Bussen
Die Strafbestimmungen schwächten die Räte ab. Wenn ein Unternehmen fahrlässig unwahre oder unvollständige Angaben macht, droht keine Busse. Der Bundesrat sah eine Busse bis zu 100’000 Franken vor. Bei vorsätzlich unwahren Angabe beschränkten die Räte die Busse für die verantwortliche Person auf 100’000 Franken statt 250’000 Franken.
Die Finanzkommission des Ständerates habe diskutiert, ob das ein «Fehlsignal» sei, sagte deren Sprecher Martin Schmid (FDP/GR). Sie sei aber zum Schluss gekommen, 100’000 Franken reichten. Finanzminister Maurer wehrte sich nicht dagegen: Der Bundesrat könne damit leben, weise aber darauf hin, dass finanzielle Verfehlungen nicht auf die leichte Schulter genommen werden dürften, sagte er.
Gesetz unterlaufen
Im Nationalrat hatte Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) gewarnt, mit den milderen Sanktionen werde das Gesetz unterlaufen. Es gehe um Konzerne mit hohen Umsätzen, für die niedrige Bussen nicht ins Gewicht fielen, gab sie zu bedenken. Die Mehrheit sah es aber anders, die Räte schwächten die Strafbestimmungen auch in anderen Punkten ab.
So verankerten sie im Gesetz eine Obergrenze von 50’000 Franken für verspätet eingereichte Länderberichte, bei einer Sanktion von 200 Franken pro Tag Verspätung. Zu Bussen bis 25’000 Franken für Bagatellstraftaten soll ferner das Unternehmen anstelle der verantwortlichen Person verurteilt werden können.
Konzernbegriff eingeschränkt
Daneben haben die Räte den Konzernbegriff eingeschränkt. Dieses Anliegen hatte Maurer im Verlauf der Beratungen eingebracht, weil die OECD in der Zwischenzeit den Begriff enger definiert hat.
In der Botschaft ans Parlament war der Bundesrat davon ausgegangen, dass rund 200 in der Schweiz ansässige Konzerne länderbezogene Berichte erstellen müssen. Die Regeln betreffen multinationale Konzerne mit einem jährlichen konsolidierten Umsatz von über 750 Millionen Euro oder rund 900 Millionen Franken.
Mit welchen Ländern die Schweiz die Berichte austauscht, wird später entschieden. Fest steht, dass die Berichte ausschliesslich an die Steuerbehörden gehen und nicht veröffentlicht werden. Die Schweiz entschied sich damit für den Mindeststandard. Die EU will die Unternehmen verpflichten, bestimmte Daten zu veröffentlichen. Das könnte auch Schweizer Unternehmen betreffen, die Tochtergesellschaften in der EU haben.