Bei einem starken Erdbeben in Norditalien sind in der Nacht zum Sonntag mindestens sieben Menschen getötet und dutzende weitere verletzt worden. An historischen Gebäuden entstanden schwere Schäden.
In Bologna und weiteren Städten in der Region Emilia-Romagna liefen tausende Menschen in Panik auf die Strassen, viele im Pyjama und mit übergeworfenen Bettdecken.
Das Beben der Stärke 5,9 ereignete sich nach Behördenangaben um 4.04 Uhr und dauerte etwa 20 Sekunden. Das Epizentrum lag rund 36 Kilometer nördlich von Bologna in der Provinz Modena. Das Beben ereignete sich in einer vergleichbar geringen Tiefe von zehn Kilometern. Es wurden über 100 Nachbeben gemeldet.
Am stärksten betroffen war die Gemeinde Sant’Agostino mit rund 7000 Einwohnern. Sie mussten ihre Wohnungen verlassen und wurden in einer Sporthalle untergebracht. In Mirandola bei Modena sowie in Finale Emilia bei Ferrara musste jeweils das städtische Spital aus Sicherheitsgründen evakuiert werden. Nach ersten Schätzungen wurden insgesamt mindestens 3000 Menschen obdachlos.
Der Erdstoss war so stark, dass er im gesamten Norden Italiens von der Emilia-Romagna über Venetien bis in die Toskana und die Lombardei sowie bis ins Tessin zu spüren war.
Fabrikarbeiter getötet
Vier Arbeiter wurden während der Nachtschicht in Fabriken durch einstürzende Dächer oder umstürzende Pfeiler erschlagen. „Er sollte überhaupt nicht da sein“, sagt die Mutter eines der Opfer im Fernsehen. „Er hatte die Schicht mit einem Freund getauscht, der zum Strand gehen wollten“.
Eine 37-jährige Deutsche erlitt aus Panik einen tödlichen Kreislaufzusammenbruch. Eine Seniorin wurde in ihrer Wohnung von Teilen der Decke erschlagen, sie wäre im Juni 103 Jahre alt geworden. Eine 86-Jährige erlitt einen Schlaganfall. Rund 50 Menschen wurden nach Behördenangaben verletzt.
Historische Gebäude zerstört
In der Gegend um die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Stadt Ferrara wurden zahlreiche historische Bauten und Kirchen schwer beschädigt oder zerstört. Im Dörfchen San Felice stürzte die Kirche komplett ein, das Rathaus und weitere historische Gebäude wurden beschädigt.
Das Kulturministerium sprach von „grossen Schäden am Kulturerbe“. Das italienische Fernsehen zeigte Bilder von Schuttbergen, halbeingestürzten Häusern und Kirchen mit eingestürzten Türmen. Mehrere Spitäler wurden sicherheitshalber geräumt.
Italien steht noch immer unter dem Eindruck des schweren Erdbebens in den Abbruzzen. Bei dem Erdstoss der Stärke 6,2 wurde am 6. April 2009 das mittelalterliche Zentrum von L’Aquila im Süden des Landes in ein Trümmerfeld verwandelt. 309 Menschen wurden getötet, rund 80’000 wurden obdachlos.