Laut Anklage hat der „Tages-Anzeiger“-Journalist Thomas Hasler über die Sterbehilfeorganisation Dignitas einen rufschädigenden Artikel veröffentlicht und sich damit der üblen Nachrede schuldig gemacht. Nicht zu beweisen, befand nun das Bezirksgericht Zürich.
Am 22. Februar 2011 war im „Tages-Anzeiger“ ein Artikel über die Sterbehilfeorganisation Dignitas und deren Gründer Ludwig A. Minelli erschienen. Darin stand, dass der Verein verdächtigt werde, aus selbstsüchtigen Beweggründen Beihilfe zu einem Doppelsuizid geleistet zu haben.
Konkret ging es um einen Freitod einer Mutter und einer Tochter, die zuvor einen Sondermitgliedsbeitrag entrichtet hatten.
Üble Nachrede eingeklagt
Minelli erstattete wegen des Artikels Strafanzeige gegen den Autor Thomas Hasler, der sich am Montag wegen übler Nachrede vor dem Bezirksgericht Zürich verantworten musste.
Die Zürcher Staatsanwaltschaft forderte für den langjährigen Gerichtsberichterstatter eine bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 220 Franken sowie eine Busse von 1500 Franken.
Hasler bezeichnete sich vor den Schranken als absolut unschuldig und führte aus, dass ein Schuldspruch das Ende für die Gerichtsberichterstattung bedeuten würde.
Immense Rufschädigung
Der Privatkläger Minelli erschien persönlich vor Gericht und verlangte eine Verurteilung Haslers. Der Jurist führte aus, dass der Beschuldigte einen vagen Verdacht veröffentlicht und damit eine immense Rufschädigung zu Lasten der Dignitas bewirkt habe.
Der Verteidiger verlangte dagegen einen Freispruch und erklärte, dass Minelli heute als Vorreiter für den Sterbetourismus gelte und damit im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehe.
Das Gericht folgte der Verteidigung und kam zu einem vollen Freispruch. Der Tatbestand der üblen Nachrede sei zwar sowohl in objektiver wie auch in subjektiver Hinsicht erfüllt, sagte der Gerichtsvorsitzende Philippe Ernst.
Wahrheitsgemässe Berichterstattung
Allerdings könne sich Hasler auf einen Rechtfertigungsgrund berufen. So handle es sich bei seinem Artikel um eine wahrheitsgemässe Berichterstattung über ein Ereignis der Zeitgeschichte. Zudem sei der Bericht unter der Wahrung der Unschuldsvermutung verfasst worden.
Nicht zuletzt handle es sich bei Dignitas um eine politisch brisante Organisation. Hasler habe zudem immer wieder darauf hingewiesen, dass es sich bloss um einen Verdacht handle. Ihm wurde infolge des Freispruchs eine Entschädigung von 6500 Franken zugesprochen.