Die Vorboten der Kaffeeblüte grüssen im April. Zwei leichte Regenschauer, die im Vergleich zu denen, die noch kommen werden eher niedlich ausfallen. Anfang Mai beginnt sie, die Regenzeit, und zwar mit aller Kraft. In Bindfäden regnet es vom Himmel, mal dick und schwer, mal fein und leicht. Als ob der Regen sagen will, ich habe unterschiedliche Charakter.
Die Vorboten der Kaffeeblüte grüssen im April. Zwei leichte Regenschauer, die im Vergleich zu denen, die noch kommen werden eher niedlich ausfallen. Anfang Mai beginnt sie, die Regenzeit, und zwar mit aller Kraft. In Bindfäden regnet es vom Himmel, mal dick und schwer, mal fein und leicht. Als ob der Regen sagen will, ich habe unterschiedliche Charakter.
Der zweite Regenguss ist das Zeichen für die Kaffeeblüten. Überall dort, wo später auch Kaffeekirschen wachsen werden, entfalten sie sich. Drei Blütezeiten im Abstand von je 15 Tagen, die durchschnittlich zwei Tage andauern, verströmen einen intensiven Duft nach Jasmin über die Landschaft.
Die sich ergiessende Natur ist der Motor der Kaffeepflanze, birgt aber in den nächsten Monaten auch grosse Gefahren. Unwetter, Hagel oder Frost bedrohen ganze Ernten.
Immer weiter prägt sich nun die Kaffeekirsche aus, wobei man in Nicaragua nicht von der Kirsche, sondern von der „uva“, also der Kaffeetraube spricht. Zunächst grün nehmen sie ihre ovale Form an, um dann bis Anfang November in Fülle und tiefer Röte den Höhepunkt ihrer Reifezeit zu erreichen.
Als zeitliche Wiederholung spiegeln sich nun die drei Blütezeiten wieder. Die Kirschen, die am meisten der Sonne ausgesetzt waren, erlangen als Erste den Reifepunkt. Nach den äusseren folgen die Kirschen im Mittelstück des Astes, und zuletzt jene, die nah am Hauptstamm gewachsen sind, mit relativ wenig Platz und Sonne. Drei Reifezeiten benötigen auch drei Erntedurchgänge, zumindest wenn man die Kirschen „en su punto“, im rechten Augenblick pflücken will.
Für Qualitäts- und Spitzenkaffee ist das Pflücken bei voller Reife ein wesentliches Qualitätsmerkmal, welches sich später in der Tasse in Aroma, Vollmundigkeit und Säure stark ausprägt. Für den Genuss in der Tasse, ist das Pflücken der Kirsche von Hand („picking“) und eine genaue Selektion am Baum fast unumgänglich. Eine Alternative dazu ist das „Stripping“. Hier werden alle Kaffeekirschen mit der Hand oder maschinell vom Ast abgestreift. Eine Selektion muss dann später erfolgen, wenn der Kaffee ein guter werden soll.
Der Kaffeebauer selektiert nicht nur zwischen unreifen und reifen Kirschen, sondern schliesst alle Kirschen aus, die von Defekten, Krankheiten, Missbildungen oder Insektenbefall betroffen sind. Das will niemand in der Tasse haben! Weitere Selektionsmassnahmen werden später folgen, aber die Vorselektion am Baum durch den Kaffeebauern ist der Ausgangspunkt. Später wird man die verschiedenen Defekte in Kategorien einordnen, in solche, die Geschmack in der Tasse verändern und solche, die eher optisch das einheitliche Bild stören. Bestimmte Fehlerquotienten sind dann erlaubt, bei einer europäische Selektion z.B. 5 – 8 Fehler und einer amerikanischen bis zu 18.
Für eine feine Tasse Kaffee gibt es viele weitere Voraussetzungen, die entscheidenden Einfluss auf den Geschmack haben. Die Höhe des Anbaugebietes zum Beispiel, in der Region Miraflor sind es zwischen 1200 und 1300 Meter über dem Meeresspiegel. Diese höhere Lage, dazu noch eine durchmischte Bepflanzung der Kaffeefarm mit schattenspendenden Bäumen, hält die Temperaturen relativ niedrig und schützt die Kirschen vor direkter Sonneneinstrahlung. Dies ermöglicht eine langsamere Reifezeit, die für charakteristische Säuren und eine stärkere Aromatik die Weichen stellt.
Das Paradegegenbeispiel zu den Hochland-Kooperativen in Zentralamerika ist Brasilien. Über viele Kilometer ziehen sich dort fein säuberlich gereihte Kaffeepflanzen auf einer Anbauhöhe von max. 800 Metern hin. Schattenspendende Bäume sucht man hier vergeblich. Die pralle Sonneneinstrahlung, hohe Temperaturen und schnellere Reifezeiten (4 – 5 Monate) sind nur einige der Konsequenzen. Brasilianischer Kaffee kann zwar vollmundig sein, aber erreicht nie die Komplexität der Aromen von Hochlandkaffee.
Auch fehlt den brasilianischen Kaffeeplantagen die ökologische Vielfalt, die Hochlandfarmen mitbringen. Zu den schattenspendenden Pflanzen gehören Bananenpflanzen und andere Nutzpflanzen, die zum Grundbestandteil jeder Mahlzeit gehören. Sie sind der Lebensraum für Vögel, die Insektenpopulation und Schädlinge mit kontrollieren. Überhaupt bleibt durch die Vielfalt der Pflanzen ein ökologisches Gleichgewicht erhalten. Tier- und Pflanzenwelt haben einen Sinn bzw. geben sich diesen gegenseitig. Die herabfallenden Blätter schaffen eine phosphorhaltige Humusschicht, schützen den Boden vor Erosionen und speichern die Feuchtigkeit. Krabbelndes Kleintier lockert die Böden. Der Kaffee wird biologisch angebaut, die Natur und der Kaffeebauer regeln die Gesundheit der kleinen Farmen ohne die Hilfe von Pestiziden.
Wieder das Gegenbeispiel Brasilien: der oft lehmartige und nährstoffarme Boden kann die Feuchtigkeit weniger gut speichern und es besteht eine hohe Anfälligkeit für Krankheiten. Wässerung und Düngung sind von zentraler Wichtigkeit und auch grossflächiges Spritzen gehört zum Plantagenalltag dazu.
Wir empfehlen: wagen Sie sich auf die Reise zu den besonderen Kaffeeregionen der Welt. Bestellen Sie von einem Kleinröster oder Spezialitätenröster frisch gerösteten Estate Kaffee, also von einer einzigen Fazenda oder Farm, der ihnen das typische Gesicht einer Kaffeeregion zeigt. Die Reise lohnt sich.
André Strittmatter, Benjamin Hohlmann