Bleibt die Schweiz beim Status Quo und schliesst keine weiteren bilateralen Abkommen mit der EU ab, hätte das laut dem Schweizer Missionschef in Brüssel, Jacques de Watteville, negative Folgen. Die Hürden für den Drittstaat Schweiz würden steigen.
Die Schweizer Wirtschaft müsste in dem Fall zunehmend Nachteile in Kauf nehmen, wenn sie in den EU-Staaten Produkte verkaufen wolle, sagte de Watteville in einem Interview mit der „Berner Zeitung“ vom Montag. „Die Schweiz muss verhindern, dass ihr Marktzugang erodiert.“
Der Botschafter warnt vor dem Status Quo, der in Teilen der Wirtschaft und Politik propagiert wird. Denn wenn es schwieriger werde, von der Schweiz aus Produkte im EU-Raum zu verkaufen, würde die Produktion teilweise in EU-Staaten verlagert. „Dies kann dazu führen, dass die Schweiz Arbeitsplätze, Know-how und Steuereinnahmen verliert“, erklärte de Watteville.
Wie das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bereits früher mitteilte, wechselt der Leiter der Schweizer Mission bei der EU nach fünf Jahren in Brüssel als Botschafter nach Peking. Sein Nachfolger wird Roberto Balzaretti.
Wachsende Irritation in Brüssel
Als „echte Herausforderung“ bezeichnete es de Watteville im Interview, in den Gesprächen und Verhandlungen mit der EU deren Ansprüche zu berücksichtigen und zugleich „die Autonomie der Schweiz zu wahren“. Gefragt sei Kreativität. Dass beide Seiten versuchten, in den Verhandlungen jeweils für sich ein optimales Resultat zu erzielen, liege in der Natur der Sache.
Allerdings gebe es tatsächlich bei den institutionellen Fragen „wachsende Irritationen in der EU“. Die Schweiz hinke bei der Anpassung an EU-Rechtsentwicklungen oft hinterher, weil die meisten Abkommen nicht dynamisch, sondern statisch seien. Die Irritation „nimmt auch zu, weil es bei Differenzen etwas lange dauern kann, eine Lösung zu finden“.
Die Stimmung sei in letzter Zeit zusätzlich getrübt worden, nachdem der Bundesrat die Ventilklausel gegen acht EU-Staaten angerufen, und damit die Zuwanderung aus diesen osteuropäischen Ländern vorübergehend eingeschränkt habe. Überhaupt „schlägt die Ventilklausel in der Europa-Politik leider überproportional hohe Wellen“, erklärte de Watteville.
In eine ähnliche Richtung gingen offenbar auch seine Ausführungen in einem internen Bericht, über den die „NZZ am Sonntag“ (NZZaS) berichtete. Mit der Anrufung der Klausel habe die Schweiz in Brüssel eine geschlossene Front von Kritikern gegen sich aufgebracht, heisst es laut NZZaS in dem Bericht.
„Schweiz ist keine Insel“
Im Interview hielt der Schweizer Missionsleiter weiter fest, um wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben, müssten die globalen Entwicklungen im Auge behalten werden. „Die Schweiz ist keine Insel, sondern bewegt sich in einer globalisierten Welt.“ Wer sich auf die Innensicht versteife, „schlittert in die Isolation und gefährdet damit seine eigenen Interessen“.