Luxemburg-Leaks zieht weitere Kreise: EU-Abgeordnete haben am Dienstag in Brüssel einen Misstrauensantrag gegen die neue EU-Kommission von Präsident Jean-Claude Juncker gestellt.
Als Reaktion auf die sogenannten Luxemburg-Leaks zu kontroversen Steuervereinbarungen haben EU-Gegner die nötigen 76 Unterschriften für einen Misstrauensantrag gegen die Juncker-Kommission gesammelt. Die EU-Gegner von «Europa der Freiheit und Demokratie» um den britischen Ukip-Abgeordneten Nigel Farage bestätigten, dass 42 Unterschriften aus ihrer Fraktion kommen. Es unterschrieb dem Vernehmen nach auch die französische Rechtsextremistin Marine Le Pen von der Front National, die keiner Fraktion angehört.
Nach den EU-Regeln muss sich mindestens ein Zehntel der Parlamentarier für einen Misstrauensantrag aussprechen, damit dieser auf die Tagesordnung kommt. Das im Mai neu gewählte Parlament hat 751 Abgeordnete.
Kaum eine Chance
Debatte und Abstimmung dazu seien für die kommende Woche in Strassburg geplant, hiess es in Parlamentskreisen. Dem Antrag werde jedoch kaum eine Chance eingeräumt, da die beiden grossen Fraktionen hinter dem konservativen Luxemburger stünden.
Denn die Sozialdemokraten und die konservative Europäische Volkspartei (EVP) hatten in einer «grossen Koalition» den 59-Jährigen als neuen EU-Kommissionspräsidenten portiert.
EVP-Fraktionsvorsitzender Manfred Weber sagte, der Misstrauensantrag richte sich für ihn nicht nur gegen die Kommission, sondern gegen die EU als Ganzes. «Die EVP-Fraktion wird dieses nicht geschehen lassen», erklärte er im Kurznachrichtendienst Twitter.
Aus Kreisen der Kommission hiess es, es müsse nun das demokratisch gewählte Parlament sprechen.
Juncker soll mitverantwortlich sein
Vergangene Woche hatte Juncker in der Volksvertretung zu Vorwürfen Stellung genommen, wonach sein Heimatland Luxemburg Grosskonzernen weitgehende Steuervorteile einräumte – durch so genannte Tax Rulings.
Das sind Sondervereinbarungen in denen die Behörden den Unternehmen die Berechnung der Steuern erläutern. Diese ermöglichten international tätigen Konzernen jedoch Steuerzahlungen in Milliardenhöhe zu umgehen.
Juncker wird für die Steuerpraktiken mitverantwortlich gemacht, da er fast zwei Jahrzehnte lang Finanzminister und Regierungschef des Grossherzogtums war.