Mit dem Buschi in die Oper – kommt das gut?

Das Theater Basel inszeniert eine Oper für Babys. Was soll das?

Laissez-faire: Die Babys dürfen während der Inszenierung herumlaufen, oder sitzen bleiben – wie es ihnen beliebt.

(Bild: Jeremias Schulthess)

Der erste Opern-Besuch meiner acht Monate jungen Tochter beginnt mit Geschrei. Beim ersten Ton, den die Sängerin vor uns anschlägt, zieht das Baby eine Schnute und brüllt. Abendländische Hochkultur – das scheint ihr Ding nicht zu sein.

«Wickelkommoden und ausreichend Kinderwagenstellplätze sind vorhanden», steht auf dem Flyer der neuesten Oper des Theaters Basel «Murmeli». Geladen sind Gäste unter 18 Monaten und ihre Eltern. Mit Tochter und Partnerin mache ich mich also auf in ein kulturelles Familienabenteuer.

Eine fremde Mutter, ihr Baby auf dem Arm, tritt an der Garderobe zu mir und meiner Tochter. «Hallo, und wer bist du?», fragt sie. Die Babys mustern sich skeptisch.

Lieber im Bettchen als im Theater

Im Foyer kommt die Müdigkeit. Das Augenreiben hatte es bereits angedeutet: Frau Tochter wäre gerade lieber zu Hause im Bettchen als im Theater. Jetzt wird es diffizil. Wer Kinder hat, der weiss, müde Babys quengeln, plärren, rauben einem den letzten Nerv.

Die Eltern sollen ganz unverkrampft und ungehemmt in die Oper, erklärt die Ansagerin. Das würden auch die Babys spüren und umso mehr die Aufführung geniessen. Leicht gesagt, unsere Tochter schaut entsetzt.

Dann geht es los. Nach zwei Minuten packen die ersten Mamis ihre Brüste aus, die Babys, die nicht an der Bar hängen, blicken gebannt auf die Sänger, die vor ihnen auf dem Boden sitzen. Die zwei Sängerinnen und der Sänger geben einen melodischen Säuglings-Singsang von sich. Die Babys singen mit.

Nach zehn Minuten tauen die Babys vollends auf: Sie laufen quer über die Bühne, beginnen robbend die Utensilien am Boden zu entdecken.

Eine Sängerin spritzt mit Wasser um sich, die Mutter neben mir ruft: «Oh, nein!» Dann rennen die ersten Kinder zum Wasserbecken, das die Sänger aufgebaut haben. Die Kinder tunken ihre Hände, die Ärmel gleich mit, und spritzen die Schauspieler nass.

Hören, sehen, fühlen: Es ist die volle Erfahrung, die die jungen Gäste hier machen. Und die Müdigkeit unserer Tochter ist vergessen. Vorsichtig krabbelt sie sich vor, hebt ein Glöckchen vom Boden auf und lässt es im Mund verschwinden.

Steine sind ein wesentliches Element der Aufführung.
Steine sind ein wesentliches Element der Aufführung. (Bild: Kim Culetto)

Der Singsang gefällt und entspannt. Eine stringente Geschichte gibt es nicht. Braucht es auch nicht. Das interaktive Bühnenbild tut den Rest: Hier gibt es Filz-Teppiche, Steine und Rassel-Elemente.
Von der anfänglichen Skepsis («Baby-Oper, was soll das denn?») habe ich mich entfernt. Sicher, das Ganze ist eine clevere Geschäftsidee des Theaters in einer Zeit, in der Eltern alles tun, um ihre Kinder artgerecht zu fördern.

«Bababaa…»

Auf der anderen Seite muss ich eingestehen: Es funktioniert. Die Babys saugen diese Form von Kultur förmlich in sich auf. Sie sind wohl die besseren Gäste, als diejenigen, die hier sonst ein- und ausgehen, weil sie ohne Vorurteile, Befangenheit und Argwohn zuhören, zuschauen und unmittelbar ehrlich darauf reagieren.

Nach der 20-minütigen Vorführung sitzt unsere Tochter beschwingt auf der Bühne und tauscht sich mit den anderen Babys aus. Ihr schonungsloses Fazit: «Bababaa…»

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