Ein Film, der uns an das Notfall-Telefon zwingt. Eine intensive Oscar-Preisträgerin (Halle Berry) und eine nicht minder fesselnde Story lassen niemanden los, der auch mal per Handy sein Leben gerettet haben möchte.
Über drei Viertel des Filmes darf man in Halle Berrys Gesicht lesen, wie sie am Not-Telefon mit einprägsamer Stimme Menschen aus der Verzweiflung lotst. Umsichtig, gefühlsecht, hellwach. Mehr als Hörspiel, denn als opulenter Action-Thriller, überzeugt «The Call» besonders durch die konzise Dialogführung und die präzisen Weglassungen im Bild.
Endlich wird wieder einmal Wert auf gepflegten Umgang mit der Andeutung im Bild gelegt. Das führt uns an der Nase durch den Thriller-Plot, der ganz auf die suggestive Kraft unserer überreizten Vorstellungskraft und die Power der Darstellerinnen vertraut. Wer sich, über einen ganzen Film hinweg an den Sitzlehnen festhalten oder in die Unterarmen des Nachbarn verklammern will, der findet hier reichlich Grund – in der eigenen Phantasie.
Oscar-Preisträgerin Halle Berry und Jungschauspielerin Abigail Breslin sorgen dabei mit ihrem hoch emotionalen Spiel für lupenreine Spannung bis zum Schluss. Michael Eklund setzt als irregeleiteter Psychopath einen würdigen Gegenpart: Der Kanadier gehört gewiss zu den bedrückendsten Unholden, die Hollywood in letzter Zeit erfunden hat: Dieses Schweigen der Männer ist wohl weniger gruselig, aber nicht weniger fesselnd als sein wesensverwandter Vorgänger, weil er viel weniger spekulativ ist, aber fast schon dokumentarisch genau.
«The Call» ist ein Nerven-Thriller der Extraklasse, und bietet auch noch eine überraschende Wendung zum Schluss. Hier wird die Hörgenauigkeit des Films zur Hauptperson. Nur an Stimme und Geräusch vermag die Notruf-Operateurin den Täter zu entlarven. Jetzt trägt die sublime Schule des Zuhörens Früchte: Da spitzt sich, was sich während der ganzen Vorgeschichte aufgebaut hat, zu einem diskussionswürdigen Turnaround zu: Jordan will noch eine Rechnung begleichen. Dabei schiesst sie zwar weit über das Ziel hinaus. Aber eben das macht uns danach erstaunlich gut gelaunt für eine Diskussion.
Der Film läuft zur Zeit u.a. in den Pathé-Kinos in Basel.