Der FC Chelsea geht als klarer Aussenseiter in den Champions-League-Halbfinal gegen den FC Barcelona (20.45 Uhr).
Vor dem Hinspiel in London setzen die Engländer auf die Wut, die sie aus der Erinnerung an das unglückliche Ausscheiden gegen die Spanier vor drei Jahren ziehen.
Natürlich hat Chelsea derzeit einen Lauf. Seit Roberto Di Matteo das Team von André Villas-Boas übernommen hat, verloren die Londoner nur eines von zwölf Pflichtspielen. In der Champions League siegte Chelsea unter dem Italo-Schaffhauser dreimal, am letzten Sonntag qualifizierte es sich dank eines 5:1 gegen Tottenham Hotspur für den Cupfinal.
Das wieder gewonnene Selbstvertrauen und die Klasse der von Di Matteo aufgerichteten Routiniers John Terry, Frank Lampard und Didier Drogba werden allerdings nicht genügen, um den Favoriten aus Spanien zu bodigen. Und deshalb reichern die Londoner Selbstvertrauen und Klasse mit viel Wut an, die sie in positive Energie umwandeln wollen. Wut? Noch immer haben sie an der Stamford Bridge nicht vergessen, wie sie 2009 im eigenen Stadion gegen Barcelona in der allerletzten Sekunde die Final-Teilnahme wegen eines Tores von Andres Iniesta verspielten.
„Das schmerzt noch immer. Sie werden extrem motiviert sein. Das wäre bei uns nicht anders“, sagt auch der damalige Torschütze von Barcelona. Der Zorn der Engländer richtete sich vor allem auf den norwegischen Schiedsrichter Tom Henning Övrebö. Er hatte mehrere Fehlentscheide zugunsten Barcelonas gefällt und in der gravierendsten Szene Chelsea einen klaren Penalty unterschlagen. Unvergessen bleibt der stechende Killer-Blick, mit dem Drogba den Norweger nach dem Schlusspfiff bedrängte. Wenige Wochen nach dem glückhaften Vorstoss in den Final holte Barcelona die Trophäe gegen Manchester United.
Seither riss die Siegesserie der Katalanen kaum mehr ab. Doch eben so konstant wie die Erfolge begleitet Barcelona die Kritik, oft von den Schiedsrichtern bevorteilt zu werden. Längst blasen nicht mehr nur der ewige Rivale José Mourinho und die Spieler von Chelsea ins gleiche Horn. Zuletzt waren auch Milan in den Viertelfinals der Champions League und Levante in der Primera Division von krassen Fehlentscheiden benachteiligt. Beide Male wurde Barcelona beim Stande von 1:1 ein ungerechtfertigter Penalty zugesprochen: gegen Milan zwei Minuten vor der Pause des Rückspiels, gegen Levante in der 72. Minute. Gerade der Sturz von Cuenca, der am Samstag bei Levante zum entscheidenden Pfiff führte, war eine schlechte schauspielerische Einlage.
Vor dem Hintergrund dieser Diskussion werden die Schiedsrichter der nächsten drei Barcelona-Spiele innerhalb von einer Woche unter besonderer Beobachtung stehen. Schon am nächsten Dienstag kommt es in Spanien zum Rückspiel gegen Chelsea, drei Tage zuvor findet in der Primera Division das Spitzenspiel gegen Real Madrid und José Mourinho statt. Den Auftakt dieser Serie leitet der Deutsche Felix Brych am Mittwoch in London. Zumindest mit dem Juristen aus München hat Chelsea zuletzt gute Erfahrungen gemacht. Beim Achtelfinal-Rückspiel gegen Napoli machte Brych keine spielentscheidenden Fehler. Chelsea gewann nach Verlängerung 4:1.