Italiens Linke liegt nach neuen Hochrechnungen in der Abgeordnetenkammer nur leicht vorn. Danach kommt das Mitte-Links-Bündnis unter Pier Luigi Bersani auf 29,1 bis 29,5 Prozent.
Er wird gefolgt von Silvio Berlusconis Mitte-Rechts-Bündnis, das etwa 28,5 Prozent erreicht. Der spektakuläre Durchbruch gelingt den Populisten um Beppe Grillo, die nach einer Hochrechnung des Rai-Fernsehen zur stärksten Einzelpartei werden. Das Bündnis des bisherigen Premiers Mario Monti siedeln die Hochrechnungen bei 10,5 Prozent oder etwas mehr an.
Das Wahlrecht garantiert dem Parteienbündnis mit den meisten Stimmen im Abgeordnetenhaus in Rom eine Mehrheit von 340 Sitzen oder 54 Prozent. Im Senat liefern sich die Lager von Bersani und Berlusconi ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Das Rechtsbündnis um Ex-Ministerpräsident Berlusconi und der Mitte-Links-Allianz um Pier Luigi Bersani erhielten laut einer Hochrechnung im Senat je 30,7 Prozent der Stimmen. Allerdings kommt Berlusconis Bündnis auf deutlich mehr Sitze als Bersanis Allianz: 121 Sitze gehen laut der Hochrechnung des staatlichen Fernsehsenders Rai an das Berlusconi-Lager, 96 an Bersanis Allianz.
Grund für die Differenz ist das Wahlsystem im Senat: Die Senatoren werden auf regionaler Basis gewählt werden. Jede der 20 Regionen Italiens stellt je nach Bevölkerungszahl eine feste Anzahl an Senatoren. Bevölkerungsreiche Regionen wie beispielsweise die Lombardei fallen deshalb stärker ins Gewicht.
Die Protestbewegung Fünf Sterne des Komikers Beppe Grillo erhält der Hochrechnung zufolge 65 Sitze im Senat, das Bündnis des scheidenden Premiers Mario Monti 19.
Furcht vor Berlusconi-Comeback
Endgültige Klarheit über die künftigen Machtverhältnisse dürfte allerdings erst nach Auszählung aller Stimmen herrschen. Sollten die Zahlen bestätigt werden, könnte sich die Bildung einer soliden Regierung als schwierig erweisen – denn eine stabile Regierung ist nur garantiert, wenn eines der Lager die Mehrheit in Abgeordnetenkammer und Senat erringt.
Der Ausgang des zweitägigen Urnengangs war auch in den anderen Staaten der Europäischen Union mit Spannung erwartet worden. Brüssel sowie die Finanzmärkte hatten befürchtet, dass bei einem Wahlsieg Berlusconis die Schuldenkrise wieder aufflammen könnte.
Der ehemalige Regierungschef hatte im Wahlkampf massive Steuererleichterungen versprochen und zudem unter anderem gegen die Rolle der deutschen Regierung bei der Finanzkrise gewettert, weshalb Berlin sich zuletzt besorgt über eine mögliche Rückkehr Berlusconis gezeigt hatte.
Bersani kündigte dagegen an, den Reformkurs der bisherigen Regierung fortzusetzen. Monti hat Italien einem harten Sparkurs unterworfen, der zuletzt viele Menschen zu Protesten trieb. Profitieren von der Unzufriedenheit konnte offensichtlich Grillo mit seiner Bewegung, die sich gegen alle traditionellen Parteien wendet.