Die Mittelmeer-Mönchsrobbe Argiro ist seit drei Jahren Maskottchen der Inselbewohner von Samos. Normalerweise sind Mittelmeer-Mönchsrobben extrem scheu und auch sehr selten – nur noch geschätzte 300 bis 400 Exemplare von «Monachus monachus» gibt es in der Ägäis.
Argiro jedoch hat die Nähe von Menschen gesucht, seit sie im Alter von etwa zehn Monaten aus ungeklärten Gründen ihre Mutter verlor, wie Bewohner der griechischen Insel Samos berichten. Tagsüber wählt das Tier für sein Schläfchen gerne mal das Heck eines Rettungsboots mitten im Hafen der Stadt Vathy.
Tief schnaufend ruht Argiro stundenlang, manchmal hebt sie träge den Kopf und mustert mit ihren grossen schwarzen Knopfaugen die Menschen am Dock. Einheimische, Inselbesucher und Flüchtlinge gleichermassen haben sich dort versammelt und beobachten sie fasziniert. «Sie ist der perfekte Tourist», sagt eine Bewohnerin des Ortes bewundernd, «sie faulenzt den ganzen Tag und macht sich abends auf den Weg zum Essen.»
Ihren Auftrag als Vorzeigetouristin nimmt Argiro so ernst, dass sie im Sommer gerne auch die Liegen an den Stränden von Samos nutzt – und zwar gleichgültig, ob andere Besucher dort bereits ein Handtuch platziert haben oder nicht. Geschickt wälzt sie sich dann auf das Sonnenbett und macht sich lang, wie die Inselbewohner stolz mit Handy-Fotos belegen.
Freier Grenzübertritt
Sie versuchen, Argiro so gut wie möglich vor den Menschen zu schützen, denn die Robbe sollte als Wildtier nicht angefasst werden. Ausserdem hat sie ordentlich Kraft – wenn sie sich also von der Liege rollt, um ein Bad zu nehmen, werden die Touristen gebeten, ihr auch im Wasser fern zu bleiben.
Als Mittelmeer-Mönchsrobbe gehört Argiro den örtlichen Tierschützern zufolge zu den seltensten Säugetieren Europas – die Art ist vom Aussterben bedroht. Ein Seltenheit ist sie auch deshalb, weil sie im Gegensatz zu den Menschen die Freiheit hat, ungehindert zwischen ihrer griechischen Heimatinsel und der türkischen Küste zu pendeln, wo Tierfreunde sie ebenfalls regelmässig im Meer entdecken.