Es ist falsch anzunehmen, dass ein Konsens bei Mitwirkungsverfahren zwingend notwendig ist. Wichtig ist der Dialog und dass alle Meinungen gehört werden.
Unser Community-Mitglied Theres Wernli vom Stadtteilsekretariat Kleinbasel hat zu unserem Artikel «Das Kreuz mit der Beteiligung» einen Kommentar veröffentlicht, den sie hier ausführlicher erläutert:
Es ist falsch anzunehmen, dass ein Konsens bei Mitwirkungsverfahren zwingend notwendig ist.
Es ist einleuchtend, dass Partizipation die Auseinandersetzung mit der Gestaltung des Wohnumfeldes und dessen Rahmenbedingungen fördert. Ebenso klar ist, dass die kritische Auseinandersetzung mit dem Rahmen der Mitwirkung oder den Vorhaben nicht allen Verantwortlichen (wie Verwaltung und Politik) gefällt. Durch diese Anhörungsprozesse werden Bedenken aber erst öffentlich diskutiert und müssen ernst genommen werden.
Mut zu gewagten Problemlösungen
Der Austausch zwischen den Beteiligten zeigt unterschiedliche Ansichten und Anliegen auf. Dies kann Konflikte sichtbar machen, kann aber auch zu einer neuen, unerwarteten oder gar gewagten Lösung des Problems führen. Daher ist der frühzeitige Einbezug der Bevölkerung unabdingbar. Je frühzeitiger aber die Beteiligung ermöglicht wird, desto anspruchsvoller wird sie. Die planerische Vorstellungskraft wird stark gefordert, die Verwaltung steht noch zwischen Machbarkeitsstudien und Entscheiden der politischen Rahmenbedingungen.
Doch nur bei frühzeitigem Einbezug können die betroffenen Bürger und Bürgerinnen den Handlungsspielraum für sich nutzen. Nur so ist die Willensbildung der Verwaltung und der politischen Gremien noch zu beeinflussen.
Die Selbstorganisation der Quartierbewohnenden und deren Aufbau von Widerstand sind wertvolle Demokratisierungsprozesse und fördern die Kenntnisse über unsere formalen Mitwirkungsinstrumente wie die Petition, Initiative oder Einspracheverfahren.
Nach §55 der Kantonsverfassung wird die Entscheidung, welche Anliegen der Bevölkerung berücksichtigt werden, NICHT zusammen mit den Partizipierenden gefällt. Aber die Empfehlungen beeinflussen die Strategie und inhaltliche Dimension sehr wohl.
Die Bürgerinnen und Bürger haben sich sehr für die Stadtteilentwicklung interessiert
So haben wohl selten so viele Bürger und Bürgerinnen einen Ausgabenbericht gelesen wie den der Hafen- und Stadtteilentwicklung. Die Konfrontation mit unseren demokratischen Abläufen im Kanton ist daher gross – der Lerneffekt auch!
Das Stadtteilsekretariat Kleinbasel arbeitet an einer Kultur, in der das Einmischen – und das fängt häufig mit Kritik an – erwünscht ist. In der bald zehnjährigen Vermittlungstätigkeit des Stadtteilsekretariats Kleinbasel gab es auch vielfältige, positive Erfahrungen mit Beteiligung, etwa beim Kinderspital, dem Entwicklungskonzept Badischer Bahnhof oder dem Ackermätteli.
Vielleicht müssen wir uns an dieser Stelle fragen, wem dient es, die Mitwirkung in Misskredit zu bringen?
Im Allgemeinen haben wir das Interesse an «unserer» Stadt, der Demokratie und Zukunftsgestaltung gefördert. Wir vergessen unsere guten Erfahrungen nicht bei den ersten (auch durch die Medien verstärkten) Konflikten.
Vielleicht müssen wir uns an dieser Stelle fragen: Wem dient es, die Mitwirkung in Misskredit zu bringen?
Dieselbe Frage stellen wir in den Beteiligungsprozessen, wenn wir zwar den Dialog zwischen Beteiligten und Betroffenen herstellen können, aber eine sachliche Abwägung der Interessen zu keinem Ziel führt. Welchen Eigeninteressen dient der Konflikt oder die Verhinderung des Vorhabens? Der Verlauf eines Mitwirkungsverfahrens ist zwar planbar, aber eben nicht mit letzter Sicherheit vorherzusagen.
Theres Wernli vom Stadtteilsekretariat Kleinbasel. (Bild: Privatbesitz)