Der frühere bosnisch-serbische Armeechef Ratko Mladic muss gegen seinen Willen im Kriegsverbrecher-Prozess gegen den bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic aussagen. Karadzics Bitte auf Vorladung des einstigen Weggefährten als Zeuge wurde stattgegeben.
Das hiess es in einem am Mittwoch veröffentlichten Gerichtsbeschluss des UNO-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien. Der 71-jährige Mladic hatte sich unter Verweis auf seine angeschlagene Gesundheit und den Zeitaufwand seines eigenen Prozesses gegen den Antrag gewehrt. Er soll nun vermutlich im Januar aussagen.
Der 68-jährige Karadzic, dem ebenso wie Mladic Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen werden, erhofft sich von der Aussage des früheren Armeechefs entlastendes Material für seine eigene Verteidigung.
«Nach Angaben des Beschuldigten kann Mladic bezeugen, dass bei den zahlreichen Gesprächen und Treffen der beiden nie eine Vertreibung von Muslimen oder Kroaten aus serbisch kontrollierten Gebieten vereinbart oder geplant wurde», hiess es in der Entscheidungsbegründung des Den Haager Tribunals vom Mittwoch.
Die Urteile des UNO-Tribunals in den Verfahren gegen Mladic und Karadzic werden frühestens im Jahr 2015 erwartet. Beide werden für das Massaker von Srebrenica mitverantwortlich gemacht, bei dem im Juli 1995 insgesamt 8000 muslimische Jungen und Männer ermordet wurden.
Ausserdem werden ihnen gewaltsame ethnische Vertreibungen im Bosnienkrieg zur Last gelegt, der 100’000 Menschen das Leben kostete. Zwischen 1992 und 1995 wurden in dem Konflikt 2,2 Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben.