Moderne Geigen klingen besser als Stradivaris

Der Klang der Stradivari-Geigen gilt als unübertroffen – weshalb sie Millionen kosten können. Doch nun zeigt ein Blindtest mit renommierten Solisten: Die Experten können die Stradivari-Geigen nicht am Klang erkennen – und viele bevorzugen die modernen Instrumente.

Eine Stradivari-Geige aus dem Jahr 1716 (Archiv) (Bild: sda)

Der Klang der Stradivari-Geigen gilt als unübertroffen – weshalb sie Millionen kosten können. Doch nun zeigt ein Blindtest mit renommierten Solisten: Die Experten können die Stradivari-Geigen nicht am Klang erkennen – und viele bevorzugen die modernen Instrumente.

„Manche Studien öffnen neue Forschungsfelder – unsere versucht, ein hoffnungslos fruchtloses zu schliessen: Die Suche nach dem ‚Geheimnis von Stradivari'“, schreiben Forschende der Universität Sorbonne in Paris im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS).

Das Team um Claudia Fritz liess zehn Geigen-Solisten insgesamt zwölf Violinen spielen. Sechs der Violinen waren neu und sechs alt – von diesen stammten fünf vom berühmten italienischen Geigenbauer Antonio Giacomo Stradivari (1648-1737). Die Musiker sollten entscheiden, welches Instrument sie anstelle ihrer eigenen Geige am ehesten auf eine Konzerttournee mitnehmen würden.

Die Solisten spielten die Instrumente sowohl in einem Übungsraum als auch in einem grossen Konzertsaal während je 75 Minuten. Dabei trugen die Musiker lichtdichte Brillen, damit sie die Instrumente nicht von Auge identifizieren konnten.

Keine besonderen Tonqualitäten

Es zeigte sich, dass sechs der zehn Solisten eine neue Violine als ihr bevorzugtes Instrument wählen würden. Dabei erwies sich eine bestimmte der sechs neuen Geigen als der deutliche Favorit aller Musiker. Zudem bewerteten die Solisten den Klang ihrer bevorzugten neuen Geige höher als den ihrer bevorzugten alten Geige.

Als die Geiger das Alter der Instrumente schätzen sollten, lagen sie sogar noch häufiger falsch, als es bei einem Zufallsresultat erwartet worden wäre.

Fazit der Forschenden: Es sei zwar unklar, ob die zehn ausgewählten Geiger repräsentativ für andere Musiker seien. „Aber angesichts der Klasse und Erfahrung unserer Solisten bedürfen die andauernden Behauptungen, dass alte italienische Geigen einzigartige Spielqualitäten haben sollen, dringend weiteren empirischen Rückhalt“, schreiben sie.

Mit diesem Experiment wiederholt das Forscherteam im grösseren Rahmen eine Studie von 2010 mit weniger Geigern und kürzeren Testzeiten, die jedoch zum gleichen Ergebnis kam.

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