Um Gewalttaten wie das Tötungsdelikt Marie zu verhindern, arbeiten mehrere Kantone an einem sogenannten Bedrohungsmanagement. Damit sollen mögliche Gewalttäter früh identifiziert und registriert werden.
Unterstützung erhalten die Kantone von der Schweizerischen Kriminalprävention. Diese will Vorschläge erarbeiten, wie Kantone am einfachsten ein Bedrohungsmanagement aufbauen können. Martin Boess, Geschäftsleiter der Kriminalprävention, bestätigte auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda eine entsprechende Meldung von «Tages-Anzeiger» und «Bund» vom Montag.
Die Grundlagenarbeit solle zentral gemacht werden, damit nicht jeder Kanton dies selbst machen müsse, sagte Boess. Dabei gehe es beispielsweise darum abzuklären, welche Gesetze angepasst werden müssten, damit der Datenaustausch zwischen Ämtern und privaten Organisationen ermöglicht wird. Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD), von der die Kriminalprävention getragen wird, muss das Projekt noch genehmigen.
Runder Tisch
Anstoss für die Einführung eines Bedrohungsmanagements geben Tötungsdelikte wie jenes in Payerne VD Mitte Mai. «Es gab zu viele Fälle, in denen sich im Nachhinein herausstellte, dass man besser hätte reagieren können», sagte Boess. Mit dem Bedrohungsmanagement soll das künftig verhindert werden.
Und so soll dies geschehen: Stösst jemand Drohungen aus oder fällt durch Gewalt auf, sollen so genannte Fallkonferenzen einberufen werden, an denen die betroffenen Behörden – etwa Sozialdienst, Polizei, Erziehungsdirektion – zusammensitzen.
Sie sollen klären, ob eine akute Bedrohung besteht oder ob beispielsweise eine bessere Betreuung der Person notwendig ist. Laut Boess soll auch die Verantwortung für den Fall klar verteilt werden.
Bei der Einschätzung, wie gefährlich jemand ist, könnte ein computergestützter Fragebogen zum Einsatz kommen, wie dies im Kanton Solothurn bereits geschieht. Die Software soll dafür sorgen, dass alle wichtigen Fragen beantwortet werden, etwa ob der Betroffene eine Waffe besitzt oder ob er bereits ein Datum für die Tat genannt hat, wie Boess erklärt. Die Informationen werden in einer Datenbank gespeichert.
«Keine Fallstricke»
Boess sieht bei der Einführung eines Bedrohungsmanagements keine unüberwindbaren Hindernisse. «Es gibt keine Fallstricke, ausser der Datenschutz – aber auch dies ist lösbar», sagte er.
Für die Kantone bedeute es jedoch zusätzlichen Aufwand. Die Kriminalprävention könne den Kantonen nicht vorschreiben, ob sie ein Bedrohungsmanagement einführen und ob dieses nur bei häuslicher Gewalt zum Einsatz kommt oder beispielsweise auch an Schulen, sagte Boess.
Auf Anregung der Kriminalprävention und des Eidg. Büros für Gleichstellung treffen sich am (morgigen) Dienstag Vertreter derjenigen elf Kantone, die an einem Bedrohungsmanagement arbeiten oder darüber diskutieren zu einem Austausch.
«Wir stehen noch ganz am Anfang», sagte Boess. Im Juni will er das Konzept dem KKJPD-Vorstand vorstellen, im November soll an der Herbstversammlung der KKJPD darüber entschieden werden