Der Ständerat bleibt dabei: Der Bundesrat soll in Ausnahmefällen auf die Durchführung einer Vernehmlassung verzichten können. Der Nationalrat hatte dies abgelehnt – und zwar einstimmig. Die kleine Kammer zeigte sich aber zu einem Kompromiss bereit.
Zwar beharrt der Ständerat darauf, dass in manchen Fällen keine Vernehmlassung durchgeführt werden muss. Er will aber weniger Ausnahmen zulassen.
Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, diese im Gesetz abschliessend aufzuführen. Zwei dieser vier Punkte des Ausnahmekatalogs stiessen am Mittwoch im Ständerat auf Zustimmung, die anderen beiden wurden verworfen. Dies sei ein Kompromiss zwischen den beiden Räten, sagte Raphaël Comte (FDP/NE).
So soll es keine Ausnahmeregelung geben, wenn das Inkrafttreten eines Erlasses oder die Ratifizierung eines völkerrechtlichen Vertrags keinen Aufschub duldet. Der Ständerat folgte mit 26 zu 17 Stimmen einem Antrag von Comte, Robert Cramer (Grüne/GE), und Peter Föhn (SVP/SZ).
Bundeskanzlerin Corina Casanova hatte vergeblich darauf hingewiesen, dass dies eigentlich schon heute gängige Praxis sei. Mehrere Redner betonten jedoch, in diesem Falle könne die Vernehmlassung gekürzt, nicht aber ganz weggelassen werden.
Ebenfalls verworfen wurde der Vorschlag des Bundesrates, dass auf Vernehmlassungen verzichtet werden kann, wenn es um einen völkerrechtlichen Vertrag geht, der gegenüber bereits geltenden Verträgen mit andern Partnern «keine wesentlichen neuen Elemente enthält». Der Ständerat sprach sich mit 24 zu 19 Stimmen für die Streichung dieses Kriteriums aus.
Leerlauf vermeiden
Anders als im Nationalrat ist der Ständerat aber im Grundsatz einverstanden damit, dass nicht immer Vernehmlassungen durchgeführt werden müssen. Konkret soll der Bundesrat darauf verzichten können, wenn keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind oder wenn vorwiegend die Organisation oder das Verfahren von Bundesbehörden betroffen sind.
«Es geht darum, Leerläufe und Bürokratismus einzudämmen», sagte Präsidentin der Staatspolitischen Kommission, Verena Diener Lenz (GLP/ZH).
Eiltempo nur mit Begründung
In einem anderen Punkt schwenkte der Ständerat auf die Linie des Nationalrats ein: Er lehnt es nun ebenfalls ab, dass der Adressatenkreis eingeschränkt werden kann, wenn das Gesetzesprojekt von untergeordneter Bedeutung ist oder wenn vor allem die Kantone davon betroffen sind.
Über die Stossrichtung der Revision des Vernehmlassungsgesetzes sind sich die Räte bereits einig geworden: Künftig soll der Bundesrat schriftlich begründen müssen, warum es eilt, wenn er die Frist für eine Vernehmlassung verkürzt. Zudem soll die Frist verlängert werden, wenn Ferien- und Feiertage in der entsprechenden Zeitspanne liegen.
Keine Anhörung mehr
Um Unklarheiten zu beseitigen, wird die begriffliche Unterscheidung zwischen «Vernehmlassung» und «Anhörung» verschwinden. Rein konferenzielle Vernehmlassungen soll es nicht mehr geben, das Vernehmlassungsverfahren kann aber durch ein mündliches Verfahren ergänzt werden. Das Ergebnis der Vernehmlassung muss in jedem Fall in einem Bericht festgehalten werden.
Mit der Revision des Vernehmlassungsgesetzes erfüllt der Bundesrat eine Forderung aus dem Parlament. In den vergangenen Jahren hatten sich Teilnehmende an Anhörungen und Vernehmlassungen immer wieder über zu kurze Fristen, fehlende Transparenz bei der Auswahl der Adressaten und die unangemessene Gewichtung bei der Auswertung der Stellungnahmen beklagt.
Das Geschäft geht nun erneut an den Nationalrat.