Bei der Parlamentswahl in Montenegro hat die Partei von Regierungschef Milo Djukanovic Teilergebnissen zufolge gewonnen. Nach Auszählung von 80 Prozent der Stimmzettel kam die Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) auf etwas über 40 Prozent.
Somit käme sie auf 36 von 81 Mandaten und würde die absolute Mehrheit verpassen. Die wichtigste Oppositionspartei, die prorussische Demokratische Front (DF), kam auf etwa 20 Prozent (18 Mandate), wie die Wahlkommission am Sonntagabend mitteilte. Sie ist gegen den von Djukanovic angestrebten NATO-Beitritt und strebt engere Beziehungen zu Russland an.
Die beiden anderen Oppositionsparteien Kljuc (Schlüssel) und die Demokraten Montenegros, die ein Referendum über den NATO-Beitritt fordern, kamen demnach auf jeweils etwa zehn Prozent. Die beiden kleinen Parteien befürworten einen EU-Beitritt des kleinen Balkanstaats.
Die Wahlbeteiligung lag bei rund 73 Prozent. Das Bündnis von Zivilorganisationen, Mans, registrierte 75 mutmassliche Verstösse gegen die Wahlordnung und erstattete Strafanzeige.
Die etwa eine halbe Million Wahlberechtigten standen insbesondere vor der Frage, ob sich ihr Land enger an den Westen oder an Russland binden soll. Ministerpräsident Djukanovic strebt zum Missfallen Moskaus sowohl den Beitritt zur NATO als auch zur Europäischen Union an.
20 Serben festgenommen
Sollten sich die Ergebnisse bestätigen, würde es für Djukanovic schwierig, eine Regierung zu bilden und den Posten des Ministerpräsidenten zu behalten. Er müsste die Sozialdemokraten und die Parteien der ethnischen Minderheiten auf seine Seite bringen. Aber auch ein breites Bündnis der wenig homogenen Oppositionskräfte liesse sich nur unter grossen Schwierigkeiten zu einer handlungsfähigen Regierungskoalition formen.
Überschattet wurden die Wahlen durch die Festnahme von 20 Serben, die angeblich bewaffnete «Angriffe» auf staatliche Institutionen, die Polizei und Vertreter der Staatsorgane planten. Nach Polizeiangaben waren die Attacken – möglicherweise auch auf «ranghohe Staatsvertreter» – für den Abend nach Schliessung der Wahllokale vorgesehen.
Serbien und Montenegro unterhalten schwierige Beziehungen. Zum einen hatte sich Podgorica vor zehn Jahren vom Staatenbund Serbien-Montenegro losgesagt. Für Spannungen sorgt zum anderen, dass Montenegro die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt hat. Serbien und Russland betrachten das Kosovo dagegen nach wie vor als serbische Provinz.
Seit 1991 an der Macht
In ganz Europa ist kein Politiker so lange an der Macht wie Djukanovic, obwohl er erst 54 Jahre alt ist. Das ehemalige Mitglied im Bund der Kommunisten Jugoslawiens wurde erstmals im Februar 1991 im Alter von 29 Jahren Ministerpräsident.
Nach dem Zerfall Jugoslawiens und in den Balkankriegen schlug sich Djukanovic auf die Seite von Serbiens starkem Mann, Slobodan Milosevic. 1997 brach er mit Milosevic und avancierte schnell zum Liebling des Westens.
Im selben Jahr wurde Djukanovic mit knapper Mehrheit zum montenegrinischen Präsidenten gewählt. In der Zeit des Jugoslawien-Embargos soll er es mit Zigarettenschmuggel und anderen illegalen Geschäften zu einem der reichsten Männer Montenegros gebracht haben.
2006 führte Djukanovic den 620’000 Einwohner zählenden Adria-Staat nach einem mit knapper Mehrheit gewonnenen Volksentscheid in die Unabhängigkeit von Serbien. 2012 begann die Regierung Beitrittsverhandlungen mit der EU, und im Mai unterzeichnete sie mit der Militärallianz ein Beitrittsprotokoll, das den Weg für die Mitgliedschaft im kommenden Jahr ebnete.
Bruch mit Moskau
Im Herbst des vergangenen Jahres gab es wiederholt Proteste gegen einen NATO-Beitritt. Gefordert wurde ein Stopp der Verhandlungen und ein Referendum über die Mitgliedschaft in dem Militärbündnis, das 1999 während des Kosovo-Konfliktes auch Montenegro bombardiert hatte.
Russland hat für den Fall eines NATO-Beitritts Montenegros mit Konsequenzen gedroht und sich schon seit Jahren als Investor aus dem Land zurückgezogen. Djukanovic wirft Moskau vor, die oppositionelle Demokratische Front zu finanzieren.
Bei seiner Stimmabgabe in einer Schule der Hauptstadt Podgorica sagte Djukanovic, er rechne damit, dass Montenegro auf dem Weg «zu europäischen und euroatlantischen Zielen» voranschreiten werde.