Ein Steuerabkommen mit der Schweiz nach Vorbild der Abkommen mit anderen europäischen Ländern kommt für den italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti nur unter einer Bedingung in Frage: Die Abkommen über Grenzgänger und Doppelbesteuerung müssten respektiert werden.
Das Tessin habe die Abkommen einseitig ausser Kraft gesetzt, sagte Monti gemäss der italienischen Nachrichtenagentur ANSA am Montagabend.
Im Rahmen von Diskussionen um ein Abkommen, wie es die Schweiz mit Deutschland und Grossbritannien abgeschlossen habe, wolle die Schweiz wieder Verhandlungen mit Rom aufnehmen, um das Doppelbesteuerungsabkommen zu revidieren.
Man vergesse aber nicht, sagte Monti, dass das Tessin einseitig die Umsetzung des italienisch-schweizerischen Abkommens über die Grenzgänger ausgesetzt habe. Damit verletze das Tessin zwei internationale Abkommen – dasjenige über die Grenzgänger und dasjenige über die Doppelbesteuerung.
Wenn die Schweiz die Verhandlungen wieder aufnehmen wolle, so sei es zwingend, dass sie die Abkommen respektiere, die bereits in Kraft sind.
Gelder eingefroren
Letzten Sommer hatte die Tessiner Regierung beschlossen, die Gelder aus der bei den Grenzgängern erhobenen Quellensteuer einzufrieren und vorläufig nicht an Italien auszuzahlen. Das Geld soll so lange blockiert bleiben, bis Bern und Rom wieder über eine Revision des Doppelbesteuerungsabkommens verhandeln.
Falls die Verhandlungen scheitern sollten, verlangen die Tessiner, dass der Bund die Differenz zwischen den Sätzen mit Italien und Österreich berappen soll.
Im März hat der Nationalrat einer entsprechenden Tessiner Standesinitiative stillschweigend zugestimmt. Sie verlangt, dass Italien künftig weniger Geld aus der Quellenbesteuerung von italienischen Grenzgängern erhält. Der Satz zugunsten Italiens soll von 38,8 auf 12,5 Prozent gesenkt werden.
Nun muss sich nochmals der Ständerat damit befassen, der die Initiative im vergangenen Herbst abgelehnt und sich damit dem Bundesrat angeschlossen hatte.
Die Reaktion aus dem Tessin auf die Forderung Montis liess nicht auf sich warten: Die Schweiz müsse von der „schwarzen Liste“ der Steuerparadiese gestrichen werden, sagte der Tessiner Staatsrat Marco Borradori gegenüber dem Lokalradio „Radio3i“. Zudem müsse der Steuersatz für Grenzgänger neu verhandelt werden.