Trotz scharfer Kritik aus Russland haben mehrere NATO-Staaten ein Manöver im Westen der Ukraine begonnen. Moskau sieht darin eine Provokation, denn im Osten der Ex-Sowjetrepublik ist die Waffenruhe brüchig. Am Sonntag wurden in Donezk sechs Zivilisten getötet.
Hunderte Soldaten aus insgesamt 15 Staaten, die meisten von ihnen NATO-Mitglieder, nehmen an der Übung namens «Rapid Trident» unter US-Führung nahe der Stadt Lwiw teil. Das Manöver dauert noch bis zum 26. September.
«Augenblicklich steht uns ein Gegner mit einer der mächtigsten Armeen der Welt und Atomwaffen gegenüber», sagte der ukrainische Oberst Alexander Siwak zu Beginn mit Blick auf Russland. Die Führung in Kiew sieht das Nachbarland als «Aggressor».
Russland, das selbst eine Reihe von Manövern mit Tausenden Soldaten an der ukrainischen Grenze abhielt, bezeichnet die Präsenz der rund 1200 Soldaten aus 15 Staaten als Provokation angesichts des Konflikts in der Ostukraine. Das Kampfgebiet Donbass liegt rund 1200 Kilometer vom Übungsgelände entfernt.
Vor gut einer Woche hatte ein dreitägiges Manöver der ukrainischen Marine mit NATO-Streitkräften im Schwarzen Meer stattgefunden. Seit der Aufnahme partnerschaftlicher Beziehungen im Jahr 1997 hält die Ukraine jedes Jahr mehrere derartige Manöver mit NATO-Streitkräften ab.
Der ukrainische Verteidigungsminister Waleri Geletej hatte am Sonntag gesagt, sein Land werde von NATO-Staaten mit Waffen beliefert. Details nannte er nicht. Die Regierungen mehrerer NATO-Länder haben solche Lieferungen wiederholt dementiert.
Gasgespräche geplatzt
Ursprünglich für nächsten Samstag geplante Gasgespräche zwischen Moskau und Kiew sagte Russland ab. Moskau habe der EU-Kommission als Vermittlerin mitgeteilt, der 20. September passe nicht in die Terminplanung, sagte eine Sprecherin von EU-Energiekommissar Günther Oettinger in Brüssel. Man werde nun nach einem neuen Datum suchen.
Die EU-Kommission hatte die Energieminister Russlands und der Ukraine zu Dreiergesprächen nach Berlin geladen. Ein Thema sollte unter anderem der angebliche Rückgang der Erdgaslieferungen aus Russland an Polen sein. Nach Angaben der EU-Kommission waren die russischen Lieferungen in die EU am vergangenen Wochenende aber stabil.
Todesopfer in Donezk
Ungeachtet einer Waffenruhe in der Ostukraine kamen bei einem Granateneinschlag in der Separatistenhochburg Donezk mindestens sechs Zivilisten ums Leben. Zudem seien 15 Bewohner verletzt worden, teilte die Stadtverwaltung mit.
Die prorussischen Aufständischen warfen der Armee einen Bruch der Feuerpause vor. Die Regierungseinheiten wiesen dies zurück und beschuldigten ihrerseits die militanten Gruppen.
Für die Überwachung der Waffenruhe stellt Österreich der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zehn Drohnen zur Verfügung. Das sagte Aussenminister Sebastian Kurz Angaben aus Kiew zufolge bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko.