Mother Monster und die Popkultur

Review zu „Lady Gagas Digitale Intimität“ von Christian Metz in „POP: Kultur und Kritik“ (2012) // Wenn ich Google frage, wer Lady Gaga wirklich ist, bekomme ich 912’000’000 Ergebnisse in 0.33 Sekunden und finde mich inmitten der Diskussion um Lady Gagas Geschlecht. Ist sie wirklich ein Hermaphrodit?! Wie keiner anderen gelingt es Gaga den Mythos um […]

Review zu „Lady Gagas Digitale Intimität“ von Christian Metz in „POP: Kultur und Kritik“ (2012) //

Wenn ich Google frage, wer Lady Gaga wirklich ist, bekomme ich 912’000’000 Ergebnisse in 0.33 Sekunden und finde mich inmitten der Diskussion um Lady Gagas Geschlecht. Ist sie wirklich ein Hermaphrodit?! Wie keiner anderen gelingt es Gaga den Mythos um Mother Monster aufrecht zu erhalten und die Trennung zwischen Künstlerin und Kunstwerk aufzuheben. Ihr inszenierter Körper, die Reduktion auf Oberflächlichkeit, sowie Video und Text von Born this way lassen ihr Bekenntnis zur totalen Queerness erkennen. Was das bedeutet beschreibt Christian Metz in seinem Artikel „Lady Gagas Digitale Intimität“ in POP: Kultur und Kritik: Kein weiteres Hochglanzblatt über Stars und Sternchen, sondern ein Magazin zur Popkultur an der Schnittstelle von Wissenschaft und Feuilleton, dessen erste Ausgabe im Herbst erschien.

Was ist das für eine Zeitschrift?
Das Ziel von POP ist, die wichtigsten Tendenzen der aktuellen Popkultur in den Bereichen von Musik und Mode, Politik und Ökonomie, Internet und Fernsehen sowie Literatur und Kunst zu analysieren und kommentieren. Dies macht das Magazin in einer Form, die bisher erst wenigen Zeitschriften mit akademischem Hintergrund gelang: Durch die Verbindung einer wissenschaftlichen Zielsetzung mit einer dem Gegenstand angemessenen Gestaltung. So soll ein breiteres Zielpublikum für eine kulturwissenschaftliche Perspektive, die Pop-Gegenstände untersucht ohne Pop-Wissenschaft zu sein, erreicht werden. Eine Geisteswissenschaft, die zwar im traditionellen Format erscheint, sich aber nicht von den neuen Medien einschüchtern lässt.

Was werden für Themen behandelt?
Popkultur bedeutet in diesem Magazin auch Politik und nicht zuletzt Finanzwelt, denn Pop ohne Kommerz wäre nicht denkbar. Ereignisse aus Musik, Mode, Politik, Presse, Kunst, Internet, Multimedia, Technologie, Ökonomie, TV, Film und Marketing werden in der ersten Rubrik „zur Zeit“ analysiert, zusammengefasst und kommentiert. Urs Stäheli deckt beispielsweise in „Occupy Populism“ auf, welches Potenzial in der Occupy-Wall-Street-Bewegung steckt. Wolfgang Ulrich fragt in „Zu viel Energie“, ob die durch das Marketing erzeugten Ängste vor Erschöpfung und dem „Ausgepowertsein“ bei vielen Menschen zu dem Gefühl beitragen, unter Energiearmut und Überbeanspruchung zu leiden. Kredit, Krise, Kriegsbilder und Kommentar sind ebenso Thema, wie der Trend zur ethisch vertretbaren (grünen) Mode oder die Logik der auf Youtube kursierenden „Let’s Play“-Videos, in denen mit entwaffnender Naivität Videospiele kommentiert werden.

Und worum geht es in dem oben erwähnten Artikel zu Lady Gaga?
Christian Merz zeigt, wie Lady Gaga durch das Internet mit ihren Fans eine virtuelle Intimbeziehung aufbaut, die keine Verankerung im realen Leben mehr nötig hat. Dazu führen ihre Video Clips und das damit verbundene Primat der Bilder, genauso wie ihr Bekenntnis zur totalen Queerness und, jenseits all ihrer ‚Verkleidung’ und Masken, die ständige Frage nach ihrer wahren Authentizität.

Was ist eine zentrale These?
Lady Gagas Songtexte erzählen ausnahmslos von Liebe und Sexualität (Just Dance, Poker Face, Love Game, Paparazzi, Judas, Yoü an I, Telephone, Bad Romance). Den Ausgangspunkt von Lady Gagas Geschichten zur Liebe bildet der Topos der ‚sexuellen Frau’, wie ihn bereits Madonna und R&B inszeniert haben. Im Gegensatz zu Madonna gelingt es Gaga aber den Blick auf die Kehrseite dieser neugewonnen Freiheit der Frau zu richten: Durch die Absage an die romantische Liebe (dem totalen Aufgehen in einer Zweisamkeit) gerät das Subjekt ausser Kontrolle und bewegt sich stets am Rande der Selbsterhöhung und Selbstzerstörung. Dieser Kehrseite räumt Gaga mit trashigen, grotesken und monströsen Elementen viel Platz ein.

Gibt es ein konkretes Beispiel?
Natürlich. Gemäss dem Autor lässt sich der Betrachter von Gagas Clips unausweichlich auf eine sexuelle Kommunikation mit ihr ein. Sie verstrickt den Zuschauer in fast allen Videos in ein Machtspiel, bei der sie zu Beginn die Rolle des Opfers einnimmt, um hinter dieser Maskerade ihre eigentliche Stärke und Dominanz zu verbergen. Und trotzdem ist am Schluss Gaga nicht die weibliche Herrscherin (wie Madonna beispielsweise in Justify my Love), sondern eine einsame Figur, die in der Ambivalenz von Abhängigkeit und Freiheit gefangen bleibt. Wie eben beispielsweise in „Bad Romance“

 

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