Ägyptens Präsident Mohammed Mursi hat seinen krisengeplagten Landsleuten einen Wirtschaftsaufschwung und einen modernen Staat versprochen. Wann ein neues Parlament gewählt werden soll, sagte Mursi allerdings während einer Rede am Samstag in Kairo nicht.
Nachdem die neue, von den Islamisten erarbeitete Verfassung in Kraft getreten ist, muss eigentlich binnen 60 Tagen über ein Abgeordnetenhaus abgestimmt werden. Viele Ägypter hatten damit gerechnet, dass Mursi während seiner ersten Rede vor dem Oberhaus des Parlaments (Schura-Rat) den Wahltermin bekanntgibt.
Die neue Verfassung bezeichnete Mursi als Garant für die Bürgerrechte. „Alle sind vor dem Gesetz gleich und gemäss dieser Verfassung.“ Die neue Verfassung garantiere die „Freiheit für alle, ausnahmslos“.
Mursi versprach, dass er die Armut im Nil-Land bekämpfen werde, wo etwa vier von zehn Menschen mit weniger als zwei Dollar am Tag auskommen müssen. Allein in der Industrie sollten 20’000 Arbeitsplätze geschaffen werden.
Er betonte, dass es bereits erste wirtschaftliche Fortschritte gebe. Mursi warf politischen Gegnern vor, sie redeten einen Bankrott des Landes herbei.
Realität bleibt düster
Erst in dieser Woche war Ägypten erneut von einer Ratingagentur herabgestuft worden. Die Devisenreserven des Landes sind nach Angaben der ägyptischen Notenbank vom Samstag auf ihr niedrigstes Niveau gefallen. Ägypten werde aber weiterhin seine Auslandsschulden und Zinszahlungen bedienen.
Seit das erste ägyptische Parlament nach dem Sturz von Langzeitpräsident Husni Mubarak aufgelöst wurde, gibt es in dem Land keine richtige Legislative mehr.
Ein Gericht hatte im Sommer die Parlamentswahl für ungültig erklärt, weil sich Parteimitglieder um Direktmandate beworben hatten, die eigentlich für unabhängige Kandidaten reserviert worden waren. Zunächst übernahm Mursi die parlamentarischen Befugnisse. Seit Inkrafttreten der neuen Verfassung, erlässt nun der Schura-Rat die Gesetze.
Im Gremium haben die islamistische Muslimbruderschaft sowie die ultrakonservativen Salafisten eine Mehrheit. Zwei Drittel der 270 Mitglieder haben ihr Schura-Mandat bei einer Wahl zu Jahresbeginn 2012 errungen. Die übrigen Mitglieder wurden vor einer Woche von Mursi ernannt. Eigentlich ist die Schura vor allem ein beratendes Gremium. Viele Ägypten bezeichnen den Rat als überflüssig.