Muschg eröffnete Buch Wien: «Bibliothek von einst wird körperlos»

«Literatur ist grenzenlos» lautet das Motto der diesjährigen Buch Wien, der Schwerpunkt liegt auf der Verständigung zwischen den Kulturen. Und so spielte das Flüchtlingsthema am Mittwochabend nicht nur in der Eröffnungsrede von Adolf Muschg eine Rolle.

Adolf Muschg hat am Mittwoch die «Buch Wien» mit einer intellektuell hoch anspruchsvollen Rede eröffnet. (Bild: sda)

«Literatur ist grenzenlos» lautet das Motto der diesjährigen Buch Wien, der Schwerpunkt liegt auf der Verständigung zwischen den Kulturen. Und so spielte das Flüchtlingsthema am Mittwochabend nicht nur in der Eröffnungsrede von Adolf Muschg eine Rolle.

Mit einer Rede über das Lesen, die «Privatisierung der Schrift», die Zugänglichkeit von privaten Daten und die «Reduktion von Wirklichkeit auf Entweder-Oder-Verhältnisse» eröffnete Adolf Muschg die Messe, die bis zum 15. November dauert. Auch die Gründe für die Handlungsunfähigkeit in der Finanz- und Flüchtlingskrise sieht der 81-Jährige in einer «kurzschlüssigen Orthodoxie».

«Geschrieben wird mehr als je in der menschlichen Geschichte», begann der Büchner-Preisträger seine tief greifende Eröffnungsrede zum Zustand des Lesens (und Schreibens). Doch sei den «Lettern und Zahlen-Symbolen, die wir buchstäblich en passant anklicken, die Herkunft aus der materiellen Welt kaum mehr anzumerken».

In Hinblick auf Finanzkrise, Griechenland-Dilemma und Flüchtlingsströme konstatierte der Schriftsteller: «Wenn die ökonomische Raison gestern keine Grenzen kannte, kann sie heute auch nicht mit Grenzen umgehen, anders gesagt: wer nur Zahlen lesen kann, liest auch sie nicht recht.» Und weiter: «Es scheint, man kann des Schreibens mächtig werden ohne lesen zu lernen.»

Fest stehe: «Lesen, das heisst in fast jedem Fall: digital», so Muschg. «Die Bibliothek von einst wird körperlos.»

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