Museum Tinguely: Ben existe!

Mit dem Schriftbild «La Suisse n’existe pas» an der Weltausstellung in Sevilla von 1992 provozierte Ben Vautier hitzige Reaktionen. Jetzt widmet das Museum Tinguely dem französisch-schweizerischen Künstler eine umfassende Retrospektive.

80 Jahre und noch immer quicklebendig: Für die Ausstellung im Museum Tinguely hat Ben wundersame Kunst-Wunderkammern geschaffen.

(Bild: Dominique Spirgi © 2015)

Mit dem Schriftbild «La Suisse n’existe pas» an der Weltausstellung in Sevilla von 1992 provozierte Ben Vautier hitzige Reaktionen. Jetzt widmet das Museum Tinguely dem französisch-schweizerischen Künstler eine umfassende Retrospektive.

«Ist alles Kunst?» lautet die Frage im Titel der aktuellen Ausstellung im Museum Tinguely. Auch wenn für den 1935 geborenen und in Nizza lebenden Künstler Ben Vautier Fragen stets wichtiger sind als Antworten, lässt sie sich in diesem Fall mit einem klaren Ja beantworten.

Viele Menschen kennen vor allem ein Werk des Künstlers. «La Suisse n’existe pas», malte er auf ein Bild, das 1992 als Auftragswerk im Schweizer Pavillon an der Weltausstellung in Sevilla hing. Das Bild beziehungsweise der Ausspruch löste in nicht so kunstaffinen Kreisen eine Welle der Empörung aus, die vor allem eines bezeugte: Humorlosigkeit und mangelnde Reflexionsfähigkeit.



Eine zentrale Aussage für Bens Schaffen.

Eine zentrale Aussage für Bens Schaffen. (Bild: Dominique Spirgi ©ProLitteris 2015)

Bens Kunstkosmos ist hintersinnig, humorvoll und subversiv. Entsprechend regt er gleichzeitig zum Schmunzeln und zum Nachdenken an. «L’art est inutile» (Kunst ist nutzlos) oder «Je suis le plus important» (Ich bin der Wichtigste) malte er auf seine Bilder. Oder «Je signe tout» (Ich signiere alles): Ausgehend von Marcel Duchamps Ready-Mades folge Ben Vautier der Annahme, dass sich ein Kunstwerk nicht durch seine Beschaffenheit, sondern allein durch die Signatur zu erkennen gibt.

Retrospektive und Spielwiese

Die wunderbare Ausstellung im Museum Tinguely ist zweigeteilt: in eine umfassende Retrospektive und in eine wundersame künstlerische Spielwiese, die Ben Vautier speziell für die Ausstellung geschaffen hat.

Die von Andres Pardey kuratierte Retrospektive stellt Werkgruppen aus den ersten 20 Jahren des Schaffens von Vautier vor, von den Strassenaktionen und Fluxus bis zum Künstler als Kunstphilosoph. Dazu zählt auch der «Magasin», sein Laden für gebrauchte Schallplatten in Nizza, der in den 1960er-Jahren Schauplatz von Aktionen und Ausstellungen war.



Zentrales Werk: Bens «Magasin», wo der Künstler in den 1960er-Jahren in Nizza gebrauchte Schallplatten verkaufte.

Zentrales Werk: Bens «Magasin», wo der Künstler in den 1960er-Jahren in Nizza gebrauchte Schallplatten verkaufte. (Bild: Dominique Spirgi ©ProLitteris 2015)

Dieses ausgesprochen lebendige Kunstwerk wurde später mit Originalfassade und Interieur vom Centre Pompidou in Paris angekauft und ist nun in Basel zu sehen. Im Zentrum der Retrospektive stehen aber die Schriftbilder, die zum Markenzeichen des Künstlers geworden sind.

«Univers de Ben»

Schriftbilder tauchen in Massen auch im zweiten Teil der Ausstellung auf, im ebenso weitläufigen wie reichlich bestückten «Univers de Ben», das der Künstler für die Ausstellung geschaffen hat. Hier gibt es ausgesprochen viel zu entdecken und zu bestaunen oder zu hinterfragen.

Ein Beispiel unter vielen: Eine schlaffe Strickpuppe hängt an einem Kreuz. Die Assoziation ist klar und blasphemisch. Doch Ben löst diese auf seine typisch humorvolle Weise auf: «C’est pas Jésus, c’est Ben qui fait l’avion pour se faire voir.» Was ihm nicht nur bei diesem Beispiel auf treffliche Weise gelingt.



«C'est pas jésus ...»

«C’est pas jésus …» (Bild: Dominique Spirgi ©ProLitteris 2015)



«Ben Vautier. Ist alles Kunst?», bis 22. Januar 2016. Zur Ausstellung im Museum Tinguely ist ein Katalog erschienen.
Ein Porträt des Künstlers folgt.

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