Der mutmassliche Mörder der 19-jährigen Marie hat am Dienstag vor dem Strafgericht in Renens VD zugegeben, die junge Frau im Mai 2013 in einem Wald in Châtonnaye FR erdrosselt zu haben. Zu seinem Motiv schwieg er beharrlich.
Das Strafgericht der Broye setzte am Dienstag die Gerichtsverhandlung gegen den 39-jährigen Angeklagten in Anwesenheit der beiden Pflichtverteidiger fort. Dass die beiden bis zum Prozessende an seiner Seite bleiben, ist aber noch nicht sicher.
Der Angeklagte habe einen Rekurs eingereicht, um ihn als Pflichtverteidiger abzusetzen, sagte Loïc Parein der Nachrichtenagentur sda. Dies sei schockierend. Nun müsse eine Rekursinstanz entscheiden, wie es weitergehe. Im Extremfall müssen sich zwei neue Pflichtverteidiger in die umfangreichen Akten einlesen.
Der 39-jährige Angeklagte ist im Fall Marie wegen Mordes, sexueller Nötigung, Freiheitsberaubung und Entführung mit erschwerenden Umständen angeklagt. Wie bereits am Vortag versuchte der bereits vorbestrafte Sexualstraftäter und Mörder sein Opfer systematisch als Prostituierte zu desavouieren. Marie sei keineswegs die unschuldige Pfarrerstochter gewesen, sondern habe ein Doppelleben als Escort-Girl geführt, das auch Freude an Pornografie gehabt habe.
Er selber habe nicht für ihre sexuellen Dienste bezahlt, prahlte der Angeklagte. In seinen Augen war er für Marie auf längere Sicht attraktiv, weil er aus einer wohlhabenden Familie stamme, immer viel Geld auf sich getragen und alles bezahlt habe.
Widersprüche und Erinnerungslücken
Bei gewissen Dingen erinnerte sich der Beschuldigte akribisch genau an die kleinsten Details, etwa wie viele Liter Benzin er einige Stunden vor der Entführung und Tötung Maries getankt hatte. Doch bei den meisten wesentlichen Fragen wich er aus, widersprach der Anklage oder wollte sich überhaupt nicht mehr erinnern können.
Auf die wiederholte Frage nach dem Motiv für seine Tat verweigerte er eine Antwort. «Vielleicht werde ich mein Motiv niemals preisgeben», sagte er vielsagend und erwähnte eine bedrohliche «Bande von Schwarzen», die Marie kennengelernt habe, als sie in einem Fast-Food-Betrieb gearbeitet habe. Wegen dieser Leute habe er auch um jeden Preis versucht, an eine Waffe zu kommen.
Dass er Marie getötet hat, gab der Angeklagte unumwunden zu. Er beharrte allerdings auf der Tatsache, dass er Marie nicht entführt und mit einem Klebeband gefesselt habe. Das Klebeband habe er vielmehr gekauft, um in seiner Wohnung verschiedene Kabel zu fixieren.
Angst vor Zeugen
Die letzten Stunden vor der fatalen Tat schilderte der Angeklagte wie folgt: An diesem 13. Mai 2013 habe er Marie gegen 19.00 Uhr vor dem Restaurant Golf in Payerne VD abgepasst und sie in sein Auto gezerrt, um mit ihr zu sprechen.
Nachdem Marie geschrien habe und sie von einem Zeugen gesehen worden seien, habe er Panik bekommen und sei mit dem Auto geflüchtet. Im Auto sei er dann wütend über diese Situation geworden und habe Angst bekommen, dass dies sein Ende bedeute, wenn er von der Polizei gefasst werde.
Nach mehreren Kilometern Fahrt habe er um etwa 19.45 Uhr in einem Wald bei Châtonnaye FR angehalten und auf einem kleinen Strässchen parkiert. Dort sei er mit seinem Opfer bis um drei Uhr des nächsten Morgens geblieben. Bevor er Marie während rund zehn Minuten stranguliert habe, habe er ihr erstmals erzählt, dass er im Gefängnis gewesen sei und seine Ex-Freundin getötet habe.
Dann habe er Marie gesagt, dass er sie ebenfalls töten werde. Er habe sie noch auf den Mund geküsst und ihre Brüste gestreichelt. Marie sei sich bewusst gewesen, dass sie sterben werde und habe dies akzeptiert. Er selber habe ebenfalls sterben wollen.
Zur Leiche geführt
Laut der Anklageschrift wurde Marie am 13. Mai 2013 mit einem Auto entführt, mit einem Klebeband gefesselt und in der Nacht auf den 14. Mai mit einem Gürtel erdrosselt. Der Polizeibeamte, der bei der Fahndung nach dem Täter dabei war, erzählte vor Gericht, dass der Angeklagte die Polizei nach seiner Festnahme zur Leiche von Marie geführt habe. Er habe sie noch ein letztes Mal sehen wollen, sei aber nicht in die Nähe der Toten gelassen worden.
Der Angeklagte war bereits im Alter von 22 Jahren zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil er 1998 seine damalige Ex-Freundin in La Lécherette VD entführt, vergewaltigt und getötet hatte. Zum Zeitpunkt der Tat verbüsste er seine Reststrafe mit einer elektronischen Fussfessel im Hausarrest.