Muttenz hat Angst um seine Trinkwasserquellen in der Hard. Deshalb wehrt sich die Gemeinde gegen die geplante Teilsanierung der Giftmülldeponie Kesslergrube im deutschen Grenzach-Wyhlen.
Unmittelbar hinter der deutschen Grenze, direkt am Rheinufer, liegt die Sondermülldeponie Kesslergrube. Hier haben Roche, Ciba und Geigy (heute BASF) zwischen 1950 und 1976 rund 15’000 Tonnen hochgiftiger Chemieabfälle entsorgt. Der unabhängige Basler Geograf und Altlastenspezialist Martin Forter schätzt, dass sich etwa 4000 toxische Substanzen im Boden befinden.
Während die Roche eine alte Giftmüllgrube ausheben und entsorgen wird, will die BASF gleich nebenan ein viel grösseres belastetes Gelände bestehen lassen. Zur Sanierung will BASF die Deponie unterirdisch einmauern und mit einer Deckfolie oberflächlich versiegeln.
Gegen dieses Vorhaben wehrt sich Muttenz. Die Gemeindeverantwortlichen sorgen sich um das Gebet Hard, wo die Hardwasser AG mittels Grundwasseranreicherung aus dem Rhein Trinkwasser für Basel und Umgebung gewinnt.
Bis anhin hat laut Gemeindemitteilung keine regionale, grenzüberschreitende Grundwassermodellierung stattgefunden. Der Gemeinderat werde wegen der Art der Sanierung vorsorglich Beschwerde einreichen gegen die Verbindlichkeitserklärung, welche einer Sanierungsverfügung entspricht.
Auch Grenzach wehrt sich
Anfang Dezember hatte bereits die Standortgemeinde Grenzach den Entscheid der zuständigen übergeordneten Behörde für die Einkapselung kritisiert. Dieser sei mit einer Perspektive von 50 Jahren zu kurzsichtig. Grenzach hatte deshalb umgehend eine Einsprache angekündigt. Ihr Ziel bleibe ein Totalaushub. Kritisiert wird auch der sofortige Beginn der umstrittenen Einkapselung.
Das Landratsamt Lörrach hatte das BASF-Konzept mit der Einkapselung am 2. Dezember grundsätzlich genehmigt – die Totalsanierung der Roche-Teile war bereits im November bewilligt worden. Das BASF-Konzept sei nach den Vorgaben des Bundesbodenschutzgesetzes «fachlich geeignet, rechtlich zulässig und daher zu genehmigen».
Die Kesslergrube muss saniert werden, weil im Abstrom davon giftige Substanzen festgestellt wurden, die das Grundwasser gefährden. Im BASF-Teil geht es um rund 28’000 Quadratmeter, worauf zum Teil Gebäude sowie eine Kläranlage stehen und Leitungen liegen. Die Sanierung soll im Frühsommer 2015 beginnen und 2017 abgeschlossen sein.
Einkapselung billiger als Totalaushub
Vorgesehen ist auf 800 Metern Länge der Einbau einer 20 bis 30 Meter tiefen unterirdischen Dichtwand von einem Meter Dicke sowie eine Oberflächenabdichtung. Zudem soll einströmendes Grundwasser über Jahrzehnte abgepumpt und gereinigt werden. Die Sanierungskosten schätzt das Landratsamt derzeit auf rund 26 Mio. Euro. Die Kosten übernimmt die BASF.
Das Landratsamt verweist ferner auf ein im Mai präsentiertes Gutachten, gemäss dem sowohl Einkapselung als auch Totalaushub «wesentliche Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllen» würden, aber langfristig ein Aushub nachhaltiger sei. Ein Totalaushub brächte jedoch laut Amt eine starke Belastung über eine längere Bauzeit und Kosten von über einer halben Milliarde.
Der Totalaushub des Roche-Teils der Kesslergrube wird derweil auf rund 239 Millionen Euro geschätzt; der Basler Konzern trägt das allein. Der Totalaushub soll 2021 abgeschlossen werden. In der Kesslergrube, die ab Ende der 1950er-Jahre als Mischdeponie betrieben wurde, liegt unter anderem fester Chemiemüll der Hoffmann-La Roche und der BASF-Vorgängerin Ciba-Geigy.
Die Kesslergrube liegt im Rheinschotter; in zehn bis zwölf Metern Tiefe darunter ist Fels. So liegt die Grubensohle zum Teil im vom Rhein direkt beeinflussten Grundwasser, wie ein von Baselbieter Behörden bestelltes Gutachten von 2008 festhält.