Mutter haftet nicht für Unfall des gehüteten Nachbarkindes

Eine Zürcher Mutter haftet nicht für den schweren Unfall eines kleinen Mädchens, auf das sie kurz hätte aufpassen sollen. Das Bundesgericht hat die Beschwerde der Eltern des Opfers abgewiesen und entschieden, dass der Frau kein Fehler angelastet werden kann.

Das Bundesgericht spricht eine Mutter frei, in deren Obhut das Nachbarskind verünglückte (Symbolbild) (Bild: sda)

Eine Zürcher Mutter haftet nicht für den schweren Unfall eines kleinen Mädchens, auf das sie kurz hätte aufpassen sollen. Das Bundesgericht hat die Beschwerde der Eltern des Opfers abgewiesen und entschieden, dass der Frau kein Fehler angelastet werden kann.

Die Frau hatte im April 2001 kurz auf das vierjährige Mädchen ihrer Nachbarn aufgepasst. Während das Kind draussen mit ihrem eigenen fünfjährigen Sohn und einem weiteren Jungen spielte, verrichtete die Mutter Hausarbeiten. Hie und da schaute sie nach, ob sich die Kinder nach wie vor im Garten vor dem Haus aufhielten.

Nachdem sie kurz in die Waschküche gegangen war, telefonierte sie und bemerkte dabei eine Nachbarin, die am Gartenzaun aufgeregt gestikulierte: Das gehütete Mädchen war in die nahe Glatt gefallen und konnte erst zehn Minuten später aus dem Fluss geborgen werden.

Das Kind hatte bei dem Unfall eine Hirnschädigung erlitten, lag danach im Wachkoma und blieb schwerst behindert. Vor einem Jahr verstarb das Mädchen. Bereits 2004 hatte die Zürcher Justiz die Nachbarin 2004 vom Vorwurf der fahrlässigen schweren Körperverletzung freigesprochen.

Im vergangenen März wies das Obergericht auch die im Namen ihrer Tochter erhobene Zivilklage der Eltern auf Zahlung einer Genugtuung von 300’000 Franken ab. Das Bundesgericht hat diesen Entscheid nun bestätigt und die Beschwerde der Eltern abgewiesen.

Nur gelegentliche Kontrolle

Laut Gericht kann der Frau, die auf das Kind aufpassen sollte, keine Verletzung der Sorgfaltspflicht angelastet werden. Beim Hütedienst habe es sich um eine Gefälligkeit gehandelt. Die Sorgfaltspflicht richte sich in diesem Rahmen nach dem Massstab, den die gefällige Person in eigenen Angelegenheiten anwende.

Es sei davon auszugehen, dass ein Elternteil in einer solchen Situation die Arbeiten im Haushalt unregelmässig unterbreche, um sich zu vergewissern, ob noch alles in Ordnung sei. Hingegen wäre es lebensfremd anzunehmen, dass in regelmässigen Abständen von 5 bis 10 Minuten bewusst nach den spielenden Kindern geschaut werde.

Im konkreten Fall sei auch nicht davon auszugehen, dass die betroffene Frau in den höchstens fünfzehn Minuten nach ihrer Rückkehr aus der Waschküche bis zum Wahrnehmen der Nachbarin einen konkreten Anlass gehabt hätte, nach den Kindern zu sehen. (Urteil 4A_275/2011 vom 20.10.2011; BGE-Publikation)

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