Mutter von Flaach ZH hinterlässt einen Brief

Die junge Frau, die am 1. Januar in Flaach ZH mutmasslich ihre Kinder und am gestrigen Freitag im Gefängnis in Zürich sich selbst getötet hat, hat einen Brief hinterlassen. Nach bisherigen Erkenntnissen hat sich die 27-Jährige stranguliert.

Der Zürcher Regierungsrätin Jaqueline Fehr (Mitte) geht der Suizid der jungen Frau sichtlich nahe. Links: Thomas Manhart, Leiter Amt für Justizvollzug, rechts: Jerome Endrass, Stv. Leiter Psychiatrisch-Psychologischer Dienst . (Bild: sda)

Die junge Frau, die am 1. Januar in Flaach ZH mutmasslich ihre Kinder und am gestrigen Freitag im Gefängnis in Zürich sich selbst getötet hat, hat einen Brief hinterlassen. Nach bisherigen Erkenntnissen hat sich die 27-Jährige stranguliert.

Die Frau befand sich in Untersuchungshaft. Sie muss sich unmittelbar nach dem Mittagessen getötet haben. Wie Thomas Manhart, Leiter des kantonalen Amtes für Justiz Vollzug, am Samstag vor den Medien sagte, traf das Gefängnispersonal sie noch lebend an, als es das Mittagessen brachte und das Tablett später wieder abholte.

Als man sie rund zwei Stunden später zum Hofgang abholen wollte, war die Frau tot. Versuche, sie zu reanimieren, seien erfolglos geblieben, sagte Manhart. Umgehend seien Polizei, Forensik-Fachleute und Staatsanwaltschaft aufgeboten worden.

Die Staatsanwaltschaft Zürich Limmat hat eine Untersuchung eingeleitet, wie üblich bei aussergewöhnlichen Todesfällen. Sie werde «zum geeigneten Zeitpunkt» über ihre Ergebnisse informieren, sagte Regierungsrätin Jacqueline Fehr (SP), Direktorin der Justiz und des Innern.

Die Frau hinterliess einen Brief. Über dessen Inhalt wurde am Samstag keine Auskunft gegeben. Das Schriftstück wird in die aktuelle Untersuchung einbezogen.

Der Mann der Verstorbenen und Vater der getöteten Kinder, der wegen Vermögensdelikten im Gefängnis sitzt, wurde laut Manhart über den Suizid benachrichtigt. Seine «spezielle Unterstützung» sei gewährleistet.

Keine Betreuungs-Standards verletzt

Die junge Frau soll am 1. Januar 2015 ihren fünfjährigen Sohn und das zweijährige Töchterchen erstickt haben. Sie hätte sie in den darauf folgenden Tagen nach gemeinsam verbrachten Feiertagen ins Heim zurückbringen müssen, wo sie vorübergehend untergebracht waren.

Nach der Tat alarmierte sie selbst die Polizei, flüchtete aber vor deren Eintreffen in den nahen Wald und versuchte, sich mit einem Messer das Leben zu nehmen. Nach der Festnahme wurde sie in eine psychiatrische Klinik gebracht. Sie war geständig.

Später wurde sie ins Gefängnis verlegt. Solche Verlegungen erfolgten immer aufgrund fachärztlicher Einschätzungen, sage Jérôme Endrass, stellvertretender Leiter des Psychiatrisch-Psychologischer Dienstes (PPD) des Kantons Zürich. Abgeklärt werde namentlich das Risiko einer Selbsttötung.

Die Betreuung höre auch danach im Gefängnis nicht auf. Auch dem Suizid-Risiko schenke man weiterhin grosse Aufmerksamkeit. Die 27-Jährige sei regelmässig psychiatrisch betreut worden. Nach bisherigen Erkenntnissen wurden laut Endrass keine Betreuungs-Standards verletzt.

Zudem kümmern sich nicht nur psychiatrische Fachleute um Häftlinge wie die Mutter von Flaach, sagte Regierungsrätin Fehr. Alle, die mit ihnen zu tun hätten, «sind achtsam und wachsam». Jeder Hinweis auf eine Selbstgefährdung werde umgehend weitergeleitet.

Konflikt Menschenwürde – Suizid-Verhinderung

Der Suizid der jungen Frau ist bereits die fünfte Selbsttötung in Zürcher Gefängnissen in diesem Jahr. «Das beunruhigt uns», sagte Manhart. Jedes Mal frage man sich, ob man etwas hätte besser machen können. Im aktuellen Fall habe man «keinen Handlungsbedarf feststellen können».

Im Justizvollzug befinde man sich in einem Zielkonflikt zwischen der Wahrung der Menschenwürde der Insassen und Repressionsmassnahmen zur Verhinderung von Selbsttötungen. Solche wären wohl nur mit extremen Mitteln zu verhindern, etwa, indem man eine Person in Papierwäsche in eine völlig leere Zelle sperrte und ununterbrochen überwachte. Das käme dann aber einer Verletzung der Menschenwürde sehr nahe.

Laut Fehr gibt es schon heute in Sachen Betreuung und Überwachung «kein engeres Setting, als im Gefängnis». Und dennoch gebe es Menschen, «die den anderen Weg gehen».

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