Kein Ende des Blutvergiessens im Nahen Osten: Nach dem Tod von fünf Israelis hat die israelische Armee die palästinensische Zivilbevölkerung in mehreren Vororten von Gaza am Montagabend zur sofortigen Flucht aufgerufen.
Zunächst hatte es am Montag so ausgesehen, als ob die Kämpfe zum Beginn des islamischen Fests Eid al-Fitr zum Fastenbrechen am Ende des Ramadans abnähmen, nachdem sowohl Israel als auch die radikal-islamische Hamas im Gazastreifen in der Nacht zum Montag ihren Beschuss eingestellt hatten.
Doch bereits wenige Stunden später eskalierte die Gewalt erneut, aus dem Gazastreifen wurden wieder Raketen abgefeuert, Israel griff ebenfalls Ziele in dem schmalen Küstenstreifen mit seinen 1,8 Millionen Einwohnern an.
Durch den Beschuss eines israelischen Panzers in Dschabalija im Gazastreifen wurden nach palästinensischen Angaben zwei Menschen getötet, darunter ein vierjähriger Knabe. Im Flüchtlingslager Schati an der Küste starben – ebenfalls nach palästinensischen Angaben – bei einem Angriff zehn Menschen, davon acht Kinder; mindestens 46 Menschen wurden verletzt.
Propaganda-Krieg um Raketen-Herkunft
Am Abend berichteten palästinensische Rettungskräfte von zehn weiteren Toten, darunter drei Kinder. Auch auf dem Gelände des Schifa-Spitals schlug eine Rakete ein, verletzt wurde niemand.
Die israelische Armee wies der Hamas die Verantwortung für den Beschuss des Lagers und der Klinik zu. In «beiden Gegenden» habe die Hamas Raketen abgeschossen, nicht Israel. Ein Militärsprecher sagte dazu, seit Beginn des Konflikts vor drei Wochen hätten etwa 200 Raketen aus dem Gazastreifen ihr Ziel verfehlt und seien statt in Israel in dem Palästinensergebiet eingeschlagen.
Fünf israelische Soldaten getötet
Durch eine Mörsergranate der Hamas starben im Süden Israels an der Grenze zum Palästinensergebiet am Montag vier Israelis. Zunächst war in Medienberichten von Zivilisten die Rede, die Armee teilte aber später mit, es habe sich um Soldaten gehandelt. Im Gazastreifen wurde demnach ein fünfter israelischer Soldat getötet.
Am Abend forderte Israels Militär die palästinensische Zivilbevölkerung in mehreren Vororten der Stadt Gaza zur sofortigen Flucht auf. Die Einwohner von Schedschaija, Seitun und Ost-Dschabalija seien aufgerufen worden, sich «unverzüglich» in Sicherheit zu bringen, erklärte das Militär. Wenig später ergingen ähnliche Aufforderungen an die Bevölkerung von Beit Hanun, Beit Lahija und des Flüchtlingslagers Dschabalija.
Netanjahu will alle Hamas-Tunnel zerstören
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte am Montagabend im Fernsehen, Israel müsse zu einem «langen Feldzug» bereits ein. «Israelische Bürger können nicht mit der Bedrohung durch Raketen und aus Todestunneln leben – Tod von oben und von unten», sagte der Ministerpräsident. Die Offensive werde nicht beendet, bevor die Tunnel «neutralisiert» seien.
Noch in der Nacht zum Montag hatte sich der UNO-Sicherheitsrat des Konflikts angenommen und in einer Erklärung eine «sofortige und bedingungslose humanitäre Waffenruhe» gefordert. Beide Konfliktparteien wurden dazu aufgerufen, während des islamischen Fests Eid al-Fitr «und darüber hinaus» das Feuer einzustellen.
Kerry fordert Entwaffnung
US-Aussenminister John Kerry erklärte, seine Bemühungen um eine Waffenruhe fortsetzen zu wollen. Letztlich könne die Krise in der Region aber nur beigelegt werden, wenn die «Hamas und alle anderen Terrorgruppen entwaffnet» würden.
Die französische Präsidentschaft erklärte am Montagabend, die politischen Führungen der USA, Deutschlands, Frankreichs, Grossbritanniens und Italiens hätten sich darauf geeinigt, ihre «Anstrengungen zu verdoppeln», um eine Waffenruhe zu erreichen. Demnach telefonierten die Staats- und Regierungschefs der Länder zuvor miteinander.
Die ägyptische Regierung warf Israel die Anwendung «massloser Gewalt» im Gazastreifen vor.