Mit fast verdoppelter Energie wird Ende März der Teilchenbeschleuniger LHC am CERN in Genf nach zweijährigen Umbauarbeiten neu gestartet. Nach dem Nachweis des Higgs-Bosons nehmen die Forscher nun die dunkle Materie ins Visier.
«Wir sind alle ganz aufgeregt», sagte Rolf Heuer, Generaldirektor des CERN, am Donnerstag vor den Medien in Genf. «Die viel höhere Energie, mit der wir den LHC nun starten, öffnet neue Fenster.»
In der zweiten Betriebsphase sollen im 27 Kilometer langen Beschleunigungsring des Large Hadron Collider (LHC) Teilchen mit unerreichter Energie beschleunigt werden. Die Protonen sollen mit 13 Tera-Elektronenvolt (TeV) aufeinandertreffen.
Der bisherige Energierekord des LHC liegt bei 8 TeV. Der Neustart des Teilchenbeschleunigers ist für Ende März geplant. Zuvor müssen vor allem die supraleitenden Magneten, welche die Elementarteilchen auf der Bahn halten, getestet werden.
Es handle sich praktisch um eine komplett neue Maschine, sagte CERN-Generaldirektor Heuer. Auch die Detektoren Alice, Atlas, CMS und LHCb wurden aufgerüstet. Von den Kollisionen werden neu 40 Millionen Bilder pro Sekunde anstatt wie bisher 20 Millionen erfasst.
Erste Kollisionen in zwei Monaten
Die Forscher rechnen im besten Fall mit zwei Monaten, bis der LHC das maximale Energieniveau erreicht hat. Zu den ersten Teilchenkollisionen unter Höchstniveau soll es Ende Mai oder Anfang Juni kommen. Die ersten Daten werden im Sommer erwartet.
Die Forscher haben sich zum Ziel gesetzt, die Theorie der sogenannten supersymmetrischen Teilchen zu ergründen. Damit wollen sie eines der grössten Rätsel in der Kosmologie – die dunkle Materie – lösen.
Forscher gehen davon aus, dass die sichtbare Materie nur rund vier Prozent des Universums ausmacht, während 96 Prozent auf dunkle Materie und die ebenso rätselhafte dunkle Energie entfallen.
Eine Erklärung für die unsichtbare dunkle Materie lautet, dass alle aus dem bewährten Standardmodell der Teilchenphysik bekannten Teilchen schwerere Zwillingsteilchen haben. Aus diesen supersymmetrischen Teilchen könnte dann die dunkle Materie bestehen.
LHC bis 2018 in Betrieb
Ob sich aus den Kollisionen neue Entdeckungen ergeben, ist offen. «Wenn die Natur grosszügig mit uns ist, kann es ziemlich schnell zu Entdeckungen kommen», sagte Rolf Heuer, der sein Amt als Generaldirektor Ende Jahr an die italienische Physikerin Fabiola Gianotti abgeben wird. Das könne aber auch Jahre dauern.
Neben der dunklen Materie wollen die CERN-Forscher auch mehr über das Higgs-Boson erfahren. Trotz dieser Ziele müsse man offen bleiben für das Unerwartete, betonten die Verantwortlichen. Die zweite Betriebsphase dauert bis 2018.
Dann werden am über sechs Milliarden Franken teuren LHC erneut Unterhaltsarbeiten von einem oder zwei Jahren vorgenommen. Der weltgrösste Teilchenbeschleuniger kann voraussichtlich bis 2035 betrieben werden.