Sechs italienische Wissenschaftler, die vor drei Jahren für schuldig erklärt worden waren, weil sie die Bevölkerung der Stadt L’Aquila 2009 nicht hinreichend vor einem Erdbeben gewarnt haben sollen, sind letztinstanzlich freigesprochen worden.
Das Oberste Gericht in Rom bestätigte am Freitagabend den Freispruch eines Berufungsgerichts von L’Aquila. Erstinstanzlich waren die Experten zu sechs Jahren verurteilt worden.
Das 2012 gefällte Urteil hatte in der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft für einen Eklat gesorgt. Die Anklage hatte den Wissenschaftlern vorgeworfen, die Risiken des Bebens unterschätzt zu haben, bei dem im April 2009 mehr als 300 Menschen umkamen.
Im November 2014 waren die Verurteilten dann freigesprochen worden, doch die Staatsanwaltschaft legte dagegen Berufung ein. Das Kassationsgericht bestätigte jetzt letztinstanzlich den Freispruch.
Zu den freigesprochenen Angeklagten zählen führende Wissenschaftler Italiens, wie etwa der ehemalige Leiter des Instituts für Geophysik und Vulkanologie, Enzo Boschi, und Ex-Zivilschutzchef Franco Barberi. Sie waren vor dem Beben zum Schluss gekommen, dass eine Reihe von vorangegangenen Erdstössen in der Region auf kein erhöhtes Erdbebenrisiko hinweise. Ihre Empfehlungen dienten den Behörden als Entscheidungshilfe.
Die Angeklagten hätten die lange Serie kleiner Beben ohne Schäden ignoriert, die in der Region Wochen vor dem Erdbeben registriert worden waren, und die wachsende Sorge in der Bevölkerung heruntergespielt, meinten die Staatsanwälte. Die Verteidiger erwiderten, dass Erdbeben unvorhersehbar seien. Diese Ansichten teilten offenkundig auch die Berufungsrichter.