Die zusätzlichen Sicherheitsmassnahmen für das Atomkraftwerk Mühleberg kosten den bernischen Energiekonzern BKW mehr als die bisher angegebenen 170 Millionen Franken. Die Mühleberg-Betreiberin verschiebt deshalb den Entscheid zur Nachrüstung um ein halbes Jahr.
Erst Ende 2013 werde die BKW beurteilen können, ob die geplanten Nachrüstungen wirtschaftlich seien. Erst dann werde sie darum auch entscheiden können, ob die Massnahmen umgesetzt würden. Das teilte die BKW am Montagabend mit. Sie hat laut der Mitteilung den Kanton Bern und die Aufsichtsbehörden über den Entscheid informiert.
Dass die Kosten 170 Millionen Franken übersteigen, leitet die BKW aus ersten Richtofferten für die Systeme ab, welche sie neu installieren will. Es geht beispielsweise um sechs neue Zuganker zur Stabilisierung des rissigen Kernmantels. Auch will die BKW von der Saane her eine neue Wasserleitung ziehen.
Dies für den Fall, dass die normale Kühlung durch Aarewasser ausfallen sollte. Auch ein alternatives Brennelement-Lagerbeckenkühlsystem ist geplant.
Als weiteren Grund für die Verzögerung nennt die BKW die juristische Situation. Erst nach Vorliegen des Bundesgerichtsentscheids über die Befristung der Betriebsbewilligung werde klar sein, für welchen Zeitraum die Nachrüstmassnahmen zu planen seien.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte im vergangenen März geurteilt, dass das Atomkraftwerk Mühleberg nur bis Mitte 2013 betrieben werden darf, falls die BKW nicht bis dann ein umfassendes Instandhaltungskonzept vorlegt. Dieses hat die BKW zwar kürzlich eingereicht, es ist aber noch nicht bewertet worden.
Zudem sind vor Bundesgericht Beschwerden von Bund und BKW gegen den Bundesverwaltungsgerichtsentscheid hängig.
Sprecher nennt keine Zahlen
BKW-Sprecher Antonio Sommavilla sagte am Montag auf Anfrage, wie stark sich die Kosten über die 170 Millionen Franken hinaus erhöhten, könne man noch nicht sagen. Die BKW halte weiterhin am Ziel fest, das Atomkraftwerk vor den Toren Berns bis 2022 weiterzubetreiben.
Auch verfolge die BKW weiter die Absicht, das im August eingereichte Instandhaltungskonzept umzusetzen. Gegenwärtig sei auch die Wirtschaftlichkeit – also Rentabilität – des Kernkraftwerks Mühleberg vorhanden.
Greenpeace ortet Widersprüche bei BKW
„Die Wirtschaftlichkeit des AKW Mühleberg steht auf der Kippe“: Das schreibt die Umweltorganisation Greenpeace in einer Mitteilung vom Montagabend. Der vertagte Investitionsentscheid sei zudem ein «gravierendes Spiel mit dem Feuer». Auf der einen Seite gebe die BKW zu, dass die Sicherheit in Mühleberg verbessert werden müsse.
Anderseits schiebe die BKW Investitionen „einmal mehr“ auf die lange Bank. Das bedeute, dass in Mühleberg ein weiteres volles Jahr die Sicherheit nicht gewährleistet sei. Die Aufsichtsbehörden müssten Mühleberg vom Netz nehmen.